Protest ins Kleine tragen

Antikriegskongress will Vernetzung und Stärkung der Friedensbewegung

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die winterkahlen Bäume vor der Technischen Universität tragen blaue Banderolen, die mit roter Friedenstaube und Pfeilen Blick und Schritt auf die Uni lenken sollen: Am Wochenende fand an der TU der Antikriegskongress statt. Auf Workshops und Podiumsdiskussionen wollten Studierende verschiedener Berliner Unis und Friedensaktivisten »einen Grundstein für mehr und lautere Proteste gegen die latente Militarisierung unserer Gesellschaft« legen.

Am Sonntag begann um zehn Uhr die Abschlussdiskussion zu möglichen Perspektiven der Friedensbewegung. So tröpfelten an diesem (nicht nur für Studierende) frühen Morgen nach und nach etwa 50 Diskussionswillige ins Audimax der TU. Auf dem Podium sollten Christian Ströbele (Grüne), Bernd Drücke von der Graswurzel Revolution, Vollzeitaktivistin Hanna Poddig, Pedram Shahyar (Koordinierungskreis Attac Deutschland) und Uwe Hiksch (Bundesvorstand der Naturfreunde) miteinander ins Gespräch kommen.

Ströbele als Parlamentarier soll erklären, weshalb die Volksvertreter trotz eindeutigem Meinungsbild nicht gegen den Einsatz der Bundeswehr stimmen. Der Grünenpolitiker beantwortet die Frage zunächst mit der Sorge, die geringe Teilnehmerzahl des Kongresses sei doch hoffentlich kein Zeichen dafür, dass das Interesse am Krieg generell zurückgehe. »Krieg findet statt. Gerade jetzt. Wir können uns überhaupt nicht beruhigt zurückziehen«, so Ströbele. Weshalb andere Parlamentarier für Bundeswehreinsätze stimmen, könne er nicht sagen, er stimme ja immer dagegen.

Journalist Bernd Drücker greift die Grünen direkt an. Die Partei sei auch Grund dafür, dass die Friedensbewegung so geschwächt sei. Druck auf die Politik und Protest gegen Militarisierung könne nur auf der Straße geübt werden. Mit einem Kreuzchen alle paar Jahre sei kein Protest möglich. Jede Partei betreibe, sobald sie an der Regierung beteiligt sei, Realpolitik.

Man müsse in der Friedensbewegung auch die Ressourcen anderer Bewegungen nutzen, fordert Uwe Hiksch. »Es geht nicht darum, die Umwelt- und die Friedensbewegung zusammenzupfropfen«, so Hiksch. Vielmehr gelte es, für Mobilisierung und neue Aktionsformen gemeinsame Wege zu finden und Netzwerke zu bilden. Hannah Poddig, Aktivistin und Autorin, schließt sich an. »Die unterschiedlichen Bewegungen muss man in Strategie und Taktik zusammendenken«, so Poddig. Zudem müsse die Antikriegsbewegung von althergebrachten Protestformen hin zu neuen Modi finden. Großdemonstrationen könnten zwar Zeichen setzen, regten jedoch keine lang anhaltende Debatte an. Es sei wichtig, den Protest gegen Krieg und Militarismus auch ins Kleine zu tragen, öffentliche Diskussionen anzuregen, um die Präsenz der Bewegung zu stärken und mehr Menschen mobilisieren zu können.

Die Diskussion mit den Zuhörern ließ sich langsam an. Prinzipielle Fragen beispielsweise nach der Vorbildwirkung der gewählten Volksvertreter überwogen, doch war man sich einig, künftig neue Aktionsformen zu nutzen und sich breiter zu vernetzen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal