»Handlanger« der FIFA

Weltmeisterschaft in Deutschland soll Frauenfußball voranbringen

  • Alexander Sarter, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 (26. Juni bis 17. Juli) in einem Punkt nur der »Handlanger« des Weltverbands. Die FIFA benutzt seinen größten und am besten organisierten nationalen Verband, um den Frauenfußball weltweit entscheidend voranzubringen.

Eine perfekt durchgeführte Endrunde mit vollen Stadien und tollen Spielen soll die Vision von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter endlich Wirklichkeit werden lassen. »Die Zukunft des Fußballs ist weiblich«, hatte Blatter vor der Vergabe der Titelkämpfe im Herbst 2007 proklamiert. Da kam die Bewerbung Deutschlands gerade recht. Nach der perfekt inszenierten Männer-WM 2006 war den FIFA-Verantwortlichen klar, dass nur eine Endrunde in Deutschland den weltweiten Durchbruch für den Frauenfußball bringen kann. Nirgendwo auf der Welt sind die Fußballerinnen bereits so weit wie in Deutschland. Die Nationalelf sorgt für volle Stadien und Top-Einschaltquoten. An der DFB-Spitze steht mit Theo Zwanziger ein bekennender Fan des Frauenfußballs. Die Spitzenspielerinnen sind Profis, die Klubs werden unter DFB-Anleitung immer besser geführt. Die DFB-Nachwuchsarbeit ist weltweit einzigartig, die Zahlen im Mädchenfußball boomen.

Das alles hätte die FIFA gern weltweit. Deshalb soll das deutsche Beispiel Schule machen. Und wo könnte die deutsche Vorreiterrolle besser ins internationale Schaufenster gestellt werden, als bei einer WM? Die deutschen WM-Macher im Organisationskomitee wissen um das Anliegen des Weltverbands und nehmen ihre Rolle als Missionare an. »Wir haben die einmalige Chance, den Frauenfußball weiter voranzubringen. Ich bin davon überzeugt, dass von Deutschland 2011 eine große Signalwirkung ausgeht. Es wird genau die Initialzündung sein, die die FIFA sich von diesem Turnier erhofft – und zwar weltweit«, erklärte OK-Präsidentin Steffi Jones.

Die Ex-Nationalspielerin musste in diese Vorreiterrolle aber nicht gedrängt werden. »Ich empfand mich ja schon vor meiner Berufung zur OK-Chefin zusammen mit etlichen anderen als eine Art Pionierin. Daher empfinde ich wirklich große Freude und bin auch ein wenig stolz, dass wir inzwischen so weit sind«, sagte Jones, die mit dem Erreichten aber noch nicht zufrieden ist: »Der Frauenfußball ist längst noch nicht am Ziel.«

Doch die WM soll nicht nur international Fortschritte bringen. Während die anderen Länder nach und nach an das deutsche Niveau herangeführt werden sollen, streben die Deutschen nach einer weiteren Professionalisierung. Zu diesem Zweck werden die Nationalspielerinnen um Galionsfigur Birgit Prinz immer mehr ins Rampenlicht geschoben. Obwohl Prinz nicht unbedingt die Öffentlichkeit liebt, ist sich auch die Rekordnationalspielerin ihrer Verantwortung bewusst: »Wir wollen unseren Teil leisten, um die Begeisterung für unser Spiel weiter anzufachen.«

Ein bisschen sehnt sich Steffi Jones schon nach dem 18. Juli 2011. Am Tag nach dem WM-Finale beginnt für die Präsidentin des Organisationskomitees ein neues Leben. Erst einmal keine Reisen, Termine und Interviews mehr – nur entspannen und dann die neue Karriere starten. »Ich werde wohl vier Wochen Urlaub machen. Aber ich werde nicht in ein Loch fallen«, erklärte Jones, die als neue Direktorin für den Bereich Frauenfußball beim DFB vorgesehen ist.

Bis dahin hat die 111-malige Nationalspielerin alle Hände voll zu tun. Ab Anfang Dezember wandelt sie auf den Spuren von Franz Beckenbauer und besucht wie der »Kaiser« als OK-Chef der Männer-WM 2006 alle Endrunden-Teilnehmer. »Diese Tour bietet eine fantastische Möglichkeit, um uns als guter Gastgeber zu präsentieren und die Vorfreude auf die Frauen-WM auf internationaler Ebene zu schüren«, sagte Jones über die erste Begrüßungs- und Werbetournee in der Geschichte der Frauen-WM. Sie hat ihren Schritt an die OK-Spitze nie bereut. »Die Aufgabe hat mich vor allem auch menschlich weitergebracht. Für mich war das ein Reifeprozess. Dass ich Teil dieses Ganzen bin, macht mich auch stolz.« SID

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