nd-aktuell.de / 06.12.2010 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Regionale Tricksereien

Steffen Schmidt

Im Osten brachte erst die deutsche Vereinigung jenen Konzentrationsprozess in Gang, der im Westen schon vor 1990 die Zahl der Molkereien und Schlachthöfe hat schrumpfen lassen. Das Ergebnis sind nicht nur moderne Riesenbetriebe, die den EU-Hygieneanforderungen entsprechen, sondern auch ein rapides Wachstum der Transportwege. Denn Milch und Schlachttiere haben es vom Bauern zur Schlachtung bzw. Weiterverarbeitung deutlich weiter und das gilt umgekehrt auch für den Weg der Produkte zum Kunden. Da scheint es doch ein Glücksfall, dass immer häufiger Produkte im Supermarktregal liegen, deren Aufschrift eine Herkunft aus der Region verspricht. Neben firmeneigenen Logos wie »Mark Brandenburg« von FrieslandCampina gibt es in zehn Bundesländern noch 14 »amtliche« Länderkennzeichen für Lebensmittel. Allerdings haben sogar die amtlichen Kennzeichen einen Haken: Es ist oft nicht einmal klar geregelt, wie hoch der Anteil regionaler Zulieferungen des konkreten Lebensmittels sein muss, und vielfach sind die Kontrollsysteme mangelhaft, kritisiert die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Bei verarbeiteten Produkten reichen etwa in Thüringen und Schleswig-Holstein 50 Prozent Zutaten aus der Region für das Landes-Gütesiegel.

Sind es bei den Länderkennzeichen schlichte Mängel, so ist das Brandenburg-Etikett von FrieslandCampina schon reichlich dubios. Das Relikt aus der Zeit, als der niederländische Konzern für die Molkerei Elsterwerda noch eine Zukunft im Unternehmen sah, ist schon recht nahe an einer Kundentäuschung. Natürlich steht auf der Verpackung der vermeintlichen Brandenburger Milcherzeugnisse durchaus, dass etwa Frischmilch und Quark aus Köln und nicht aus der Mark stammen, doch diese Information wird vom »Mark Brandenburg-Aufdruck überstrahlt. Warum der Verzicht auf ein solches Etikett nach der Verlagerung der Produktion »zum Nachteil für die Milchbauern der Region« sein soll, wie der Kundenservice von FrieslandCampina auf Anfrage mitteilt, bleibt das Geheimnis des Konzerns. Zum Nachteil des Klimas sind die zusätzlichen Transportwege allemal.