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Saubere Energie?

Regisseur Joachim Tschirner über AKW und Australien

  • Lesedauer: 3 Min.
Am kommenden Montag kommt der Film »Yellow Cake – Die Lüge von der sauberen Energie« in die Kinos (Premiere im Babylon Berlin-Mitte) – eine Langzeitdokumentation über das größte Sanierungsprojekt in der Geschichte des Uranerzbergbaus. Ein Gespräch mit Autor und Regisseur JOACHIM TSCHIRNER (Foto: Verleih).

Herr Tschirner, was ist eigentlich dieser »gelbe Kuchen«?
Yellow Cake? Ein Gemisch aus Uranverbindungen, die durch Säuren aus dem uranhaltigen Erz herausgelöst werden, also der Ausgangsstoff für die Brennelemente. Übrig bleiben der Abraum und diese »tailings«, ein radioaktiver Schlamm, der überall in der Welt in Täler, ehemalige Tagebaue, trockne Flussläufe gekippt wird.

Da trifft Ihr Film genau die aktuelle AKW-Debatte ...
Ich habe schon 2002 mit ersten Recherchen begonnen. Zuerst ging es darum, die unbekannte Geschichte der Wismut, des drittgrößten Uranproduzenten der Welt, zu erzählen. Mir wurde schnell klar, dass im Thema eine weltweite Dimension steckt. So einen Filmstoff zu entwickeln und auf vier Kontinenten zu drehen ist ziemlich teuer. Ohne TV-Sender und Förderung geht das nicht.

Die Wismut hat bis 1990 fast den gesamten Uranbedarf der Sowjetunion gedeckt. Das war ein strategischer Rohstoff, die Geheimniskrämerei war daher vielleicht noch zu verstehen. Wie aber erklären Sie sich, dass der Uranerzbergbau auch in der AKW-Debatte keine Rolle spielt?
Das ist wirklich seltsam, denn der Uranbergbau ist ja die erste Stufe des ganzen Prozesses, ohne ihn gäbe es keine Atomenergie und keine AKWs. Schon 1992 hat das World Uranium Hearing eine Erklärung verabschiedet, in der es heißt: »Das Ende des Atomzeitalters muss am Anfang der nuklearen Kette beginnen.« Dass das Thema trotzdem kaum eine Rolle gespielt hat, liegt wohl an der Unkenntnis über die Gefahren, die von den Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus ausgehen. Für Urangewinnung wird nur ein Prozent des geförderten Erzes verwertet, der Rest ist strahlender Müll.

Die Dimension des Problems belegen Sie mit eindrucksvollen Fakten und Zahlen.
Gerade weil diese ganze Problematik kaum bekannt ist, wollte ich mit handfesten Fakten argumentieren und nicht zu sehr auf Emotionen und einzelne Schicksale setzen.

Aber die gibt es auch. Ich denke vor allem an diesen Stammesältesten der Mirarr in Australien.
Ja, dieser Toby Gangale, das ist eine ganz tragische Figur. Er hat Ende der siebziger Jahre gemeint, für seinen Stamm das Beste erreicht zu haben mit dem Vertrag über die Schürfrechte für die künftige Ranger-Mine, aber die australische Regierung hat ihn getäuscht. Den Aborigines waren die Denkweise und die Tricks der Konzerne völlig fremd. Kurz vor seinem Tod hat er seiner Tochter Yvonne Margarula ein Vermächtnis hinterlassen: Auf dem Stammesgebiet der Mirarr keine zweite Mine! Yvonne »erbte« sein Amt und organisierte den Widerstand gegen die Jabiluka Mine. Der Konzern musste 50 000 Tonnen illegal gefördertes Uranerz zurück in die Mine fahren.

Im Film heißt es allerdings, der Konzern habe das Recht, alle fünf Jahre wieder neu über einen Vertrag zu verhandeln. Meinen Sie, dass die Aborigines ihren Widerstand durchhalten werden?
Das weiß man nicht, denn grünes Licht für die Konzerne bedeutet auch viel Geld für die Aborigines. Solange aber Yvonne Stammesälteste ist, bleibt Jabiluka geschlossen. Unser letztes Filmkapitel erzählt noch eine andere Geschichte aus Australien. Jeffrey Lee, ein Stammesältester der jungen Generation, verweigert sogar dem französischen Staatskonzern AREVA, dem größten Atomkonzern der Welt, das Recht zum Uranabbau. Im Film heißt es über ihn: »Er könnte einer der reichsten Männer der Welt sein, aber das interessiert ihn nicht.«

Interview: Hans-Günther Dicks

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