Machtlose Massen

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war ein schöner Moment für Italien. Junge Menschen, Frauen, Künstler und Handwerker, Arbeitslose und Wissenschaftler, Rentner und Migranten: Alle zusammen haben erklärt, dass sie die Schnauze voll haben von Berlusconi und seinem Machtsystem, dass ein anderes, besseres Italien möglich ist. Sie haben es kraftvoll erklärt, ohne Hass. Selbst ein sonst so verhaltener Mensch wie der Sekretär der Demokratischen Partei, Pierluigi Bersani, war einen Moment lang gerührt, als er zusammen mit den Hunderttausenden von Demonstranten das alte Partisanenlied »Bella Ciao« anstimmte und versicherte, dass Italien auf diese positive Energie zählen kann, die sich da im Herzen von Rom entfaltet hat.

Aber leider hängt zumindest die nahe Zukunft nicht von diesen Menschen mit ihren Hoffnungen ab. Ob die Regierung von Silvio Berlusconi am Dienstag noch einmal das Vertrauen im Parlament erhält, wird anders entschieden. Zum Beispiel dadurch, was und wie viel Berlusconi einzelnen Abgeordneten verspricht, wenn sie gegen ihre Fraktionen und für ihn stimmen. Dem einen will man wohl die noch ausstehenden Raten für sein Häuschen bezahlen, dem anderen hat man zugesagt, dass er einen beachtlichen Teil eines Nationalparks verwalten kann; aber es wird wohl auch über Posten in Aufsichtsräten verhandelt. Jetzt fehlen Berlus-coni auf dem Papier noch eine oder zwei Stimmen, um das Ruder doch noch herumzureißen und der Preis für Sinneswandel steigt ständig. Aber kein Parlamentarier wird sich von jenen Menschen beeinflussen lassen, die am Samstag auf die Straße gegangen sind. Ein besseres Bild für den desolaten Zustand Italiens unter Berlusconi kann es kaum geben.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal