Laurent Gbagbo vermittelt bisher nicht den Eindruck, klein beigeben zu wollen. Er forderte stattdessen die UN-Friedenstruppen zum Abzug auf. Die Regierung lehne es ab, das Mandat der Blauhelmsoldaten und der sie unterstützenden französischen Truppen zu verlängern, teilte eine Sprecherin mit.
Dass das Klima für die rund 10 000 Blauhelme nicht angenehmer wird, zeigte sich schon vor Gbagbos Abzugsforderung. Bewaffnete Männer in Militäruniformen haben in der Nacht zum Samstag Schüsse in Richtung eines UN-Patrouillenfahrzeugs in Abidjan abgegeben. Demnach folgten sechs Männer in einem Zivilfahrzeug dem UN-Wagen, als dieser nach einer Routinepatrouille auf das Gelände der UN-Friedensmission (ONUCI) zurückkehren wollte, und eröffneten das Feuer. Die Bewaffneten hätten Schüsse entlang des ONUCI-Gebäudes abgegeben und damit die UN-Wachsoldaten zur Erwiderung des Feuers gezwungen. Zu möglichen Verletzten wurden keine Angaben gemacht.
Laurent Gbagbo verfügt über eine solide Machtbasis bei der Bevölkerung im Süden des Landes und kann noch mit der uneingeschränkten Unterstützung der regulären Armee und Polizei rechnen. Dies zeigte sich vergangene Woche während der Demonstrationen in Abidjan. Alassane Ouattara hatte die Bevölkerung in der Hafenstadt am Donnerstag aufgefordert, zum Staatsfernsehen und am folgenden Freitag auch zum Sitz der Regierung Gbagbos zu marschieren. Loyale Truppen Gbagbos hinderten tausende Demonstranten, die laut Amnesty International weitgehend unbewaffnet waren, ihr Ziel zu erreichen. Schwer bewaffnet und mit Panzer ausgestattet schossen sie auf die meist jugendlichen Massen. Mindestens elf Menschen kosteten die blutigen Auseinandersetzungen am Donnerstag das Leben.
Am Freitag war die Wirtschaftsmetropole Abidjan wie leergefegt. Die Truppen Gbagbos riegelten die Stadt ab. Die Angst vor einer Rückkehr des Bürgerkriegs geht im Land um. 40 Kilometer von Abidjan entfernt, in der Stadt Grand Bassam, explodierte am Freitag eine Bombe in einer Moschee. Die Furcht vor dem Wiederaufflammen der ethnischen Auseinandersetzungen ist groß. Jeden Tag fliehen um die 150 Ivorer, meist Frauen und Kinder, aus Angst vor Gewalt in das benachbarte Liberia, meldete das UN-Flüchtlingswerk.
Die Wahlen im November, waren die ersten Wahlen seit zehn Jahren in dem westafrikanischen Land. Sie sollten Frieden bringen und die Wiedervereinigung des Landes besiegeln. So die Hoffnung.
Bei den Wahlen 2000 war Laurent Gbagbo gegen General Robert Guéï, der sich Ende 1999 an die Macht geputscht hatte, angetreten. Er konnte die Wahlen leicht für sich entscheiden, da damals die Kandidatur von Alassane Ouattara verhindert wurde. Dem muslimischen Ouattara war seine ivorische Nationalität kurzerhand vor den Wahlen aberkannt worden.
Die Frage nach der Ivorität, wer Staatsbürger des Landes ist, wurde Mitte der 1990er Jahren in der Côte d'Ivoire zum Thema. Der langjährige Präsident Félix Houphouët-Boigny, Vater der Unabhängigkeit des Landes, war 1993 gestorben, davor hatte er widerwillig das Mehrparteiensystem eingeführt. Die einst erfolgreiche Volkswirtschaft lag am Boden, da die damals gefallenen Rohstoffpreise, insbesondere für Kakaobohnen, dessen weltweit größter Exporteur das Land ist, die Staatsfinanzen kollabieren ließen. Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank drängten den alten Houphouet-Boigny zu Strukturanpassungsmaßnahmen.
In dem politisch und wirtschaftlich schwierigen Umfeld wurde die ethnische Vielfalt des Landes zum Thema, als Henri Konan Bédié, der die ersten Wahlen 1995 gewonnen hatte, die Zugehörigkeit vieler Menschen im Land zur Côte d'Ivoire offen in Frage stellte.
Wer ein echter Ivorer ist und wer nicht, wurde heftig und leidenschaftlich im Land diskutiert. Die politischen Spannungen und ethnische Gewalt führten letztendlich 2002 zum Bürgerkrieg, der das Land spaltete. Der Norden fiel in die Hände der Rebellen der »Forces Nouvelles«, der Süden blieb unter Kontrolle von Laurent Gbagbo. Erst 2007 beruhigte sich die Lage.
Der von der einstigen Kolonialmacht Frankreich forcierte Friedensprozess führte zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit mit Gbagbo als Präsident und Rebellenchef Guillaume Soro als Ministerpräsident. Die UN stationierte Blauhelmtruppen, um den Frieden zu sichern. Von Abzug will UN-Generalsekretär Ban nichts wissen: Die UN-Mission UNOCI werde »ihr Mandat erfüllen und weiterhin jede Menschenrechtsverletzung, jede Anstiftung zu Hass und Gewalt oder Angriffe auf UN-Blauhelmsoldaten dokumentieren«, erklärte Ban in New York. Gbagbo wird das als Kampfansage interpretieren. Côte d'Ivoire stehen wieder einmal unruhige Weihnachten bevor wie rund um den Putsch von Robert Guéï 1999.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/186881.gbagbo-will-nicht-weichen.html