»Würstchendieb« bringt die Geschenke

Isländische Weihnachtsbräuche gehen zurück auf heidnische Bräuche

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 3 Min.

Jedes Jahr wird ein bestimmter Hamburger sehnsüchtig auf der Vulkaninsel erwartet, obwohl man ihn nur anschauen, aber nicht essen kann. Hier ist es Reykjaviks offizieller Weihnachtsbaum, der auf dem Platz vor dem Parlament steht. In den letzten 44 Jahren kam er aus Hamburg und wurde vom Verein »Wikingerrunde« gestiftet, doch dieser hat seine Aktivitäten weitgehend eingestellt.

Zum ersten Mal ist es deshalb ein isländischer Baum, der die ganze Weihnachtszeit begleitet. Tradition und Name des Baumes gehen auf die Dankbarkeitsbezeigung zurück, mit der die hungrigen Hamburger nach dem Krieg Essen und Heuer auf isländischen Fischerbooten bekamen. Der erste Weihnachtsbaum wurde wahrscheinlich 1862 aufgestellt und ist heute auch hier ein wichtiger Teil des Lichterfestes in einer kalten und dunklen Zeit.

Vom Tag der Aufstellung des Baumes an begann dann das Herunterzählen der Tage bis zu den Weihnachtsfeiertagen. Spannend für die Kinder wurde es ab dem 12. Dezember, wenn sie entsprechend der Tradition begannen, einen Schuh ins Fenster zu stellen. Sind sie artig gewesen, fanden sie ein kleines Geschenk am nächsten Morgen vor, ließ ihr Verhalten zu wünschen übrig, dann war es eine Kartoffel.

Natürlich sind es nicht die Eltern, die die Bürde des Geschenkefindens haben, sondern die Jólasveinar. Es sind ingesamt 13 Wichtelzwerge, die einer nach dem anderen auftauchen und in den Tagen nach Weihnachten wieder verschwinden. Ihre Mutter ist Grýla, eine Art Hexe, die schon aus den Sagas bekannt ist und dort böse Kinder verschleppt. Ihr wird nachgesagt, dass sie auch einen Schwanz und Hufe hat, aber diejenigen, die es mit Bestimmtheit wussten, waren in ihrer Gewalt und konnen ihr Wissen nicht mehr an ihre Familien weitergeben.

Aber die Zeiten haben sich geändert und Grýla und die Jólasveinar sind heute mehr dafür bekannt, den Weihnachtssehnsüchtigen Streiche zu spielen. Essen spielt dabei eine wichtige Rolle und nicht umsonst haben die Zwerge Namen wie Würstchendieb, Topflecker u. ä. Kindern droht aber weiterhin Gefahr von anderer Seite, denn es wird gesagt, dass die Weihnachtskatze alle Kinder frisst, die nicht rechtzeitig vor Weihnachten neue Bekleidung bekommen.

Das Licht spielt eine wichtige Rolle in der Einstimmung auf die Weihnachtsfesttage. Ab November gibt es nur wenige helle Stunden Tageslicht und die Isländer versuchen, die Dämmerung und langen Nächte mit Kerzenschein und extra Lampen zu vertreiben. Ein Tribut an den Konsum ist der 23. Dezember, der St Þorlákur-(St. Thorlakur)Tag. Die Geschäfte schliessen erst um 23.30, lassen aber Zeit genug, um zu Mitternacht in der Kirche zu sein. Die folgenden drei Tage sind die Einkaufstempel geschlossen.

Diese Tradition geht auf das Yol/Yule der Wikinger zurück. Sie feierten die Wintersonnenwende mit viel Essen und Trinken. Daran hat sich auch heute nicht viel geändert. Ein beliebtes Vorweihnachtsgeschenk ist ein Weihnachtskalender, der aus 12 Spezialbieren besteht. Die Lammgerichte werden sicherlich den meisten munden, während der traditionell konservierte Fisch mit seinem Ammoniakgeruch wohl nur den stärksten kontinentaleuropäischen Mägen zugemutet werden kann.

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