Erdbeben erschrecken Mainz und Wiesbaden

Keine Schäden oder Verletzte in den beiden Landeshauptstädten / Erschütterungen in der Region keine Seltenheit

  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei Erdbeben haben die Menschen in der Region um Mainz und Wiesbaden am frühen Donnerstag aufgeschreckt. Die Möbel in den Wohnungen wackelten, als ob ein schwerer Lastwagen vorbeirasen würde. Von Verletzten oder Gebäudeschäden wurde zunächst nichts bekannt.

Mainz/Wiesbaden (dpa/ND). Unangenehme Vorweihnachtsüberraschung: Zwei Erdbeben haben am Donnerstagmorgen in der Gegend um Mainz und Wiesbaden zahlreiche Menschen aufgeschreckt. Das erste stärkere Beben begann etwa um 2.36 Uhr und hatte einen Wert von 3,4. »Es war eine Sekundensache«, sagte die 55-jährige Mainzerin Ute Klein, die die Erschütterung in ihrer Wohnung im elften Stock eines Hochhauses wie viele andere Menschen aus dem Schlaf riss. »Das hat so gewackelt.« Das zweite Beben ereignete sich um exakt 6.52 Uhr und hatte eine Stärke von 2,7. Über größere Schäden oder gar Verletzte wurde bis zum Nachmittag nichts bekannt.

Mit Nachbeben sei zu rechnen, sagte Bernd Schmidt vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Geologie und Bergbau. »Ob die spürbar sind, kann man nicht sagen.« Nach seiner Darstellung handelte es sich bei den Erschütterungen um »natürliche, tektonisch bedingte Erdbeben«.

Viele besorgte Menschen meldeten sich bei Polizei und Feuerwehr, um Informationen zu bekommen. »Rund 50 Anrufe sind bei uns eingegangen«, sagte Polizeisprecher Hansen. Auch nach dem zweiten Beben riefen besorgte Bürger an. Richtige Schäden wurden Polizei und Feuerwehr aber zunächst nicht gemeldet. »Wir können ja froh sein«, sagte Hansen. Er selbst sei in der Nacht wach geworden und habe gedacht: »Oh, oh – das schwankt ja ganz schön, das Haus.«

Nach ersten Angaben der Behörden waren die Erschütterungen in Hessen nicht so stark wie in Rheinland-Pfalz. »Das Epizentrum lag in Mainz«, sagte Schmidt. Er lokalisierte den Ursprung des Bebens in etwa neun Kilometer Tiefe zwischen den Mainzer Stadtteilen Finthen, Lerchenberg und Drais. Dieser Ort liegt nahe einem geplanten Fußballstadion für den FSV Mainz 05, was die Fachleute gleich auf einen entsprechenden Arbeitstitel brachte. »Wir haben uns für den internen Sprachgebrauch auf das »05er-Beben« geeinigt – wegen der Nähe zum neuen Stadion«, sagte der Direktor des Landesamtes, Prof. Harald Ehses.

Mit der Stärke von 3,4 hat das Erdbeben eine für die Stadt eher seltene Intensität erreicht. »Das kommt in Mainz vielleicht ein- bis zweimal pro Jahrzehnt vor«, so Seismologe Schmidt. »Es kann aber auch öfters sein. Da steckt man nicht drin.«

»Die Ursache der Erdbeben sind Bruchvorgänge in der Erdkruste. Da werden Spannungen abgebaut«, erklärt Schmidt. »Die Region um Mainz und Wiesbaden befindet sich am nördlichen Ende des Oberrheingrabens, der im Süden bis Basel reicht. Die beiden Seitenränder wandern auseinander und die Mitte sinkt ab.« Dieser Prozess von Jahrtausenden gehe aber nicht immer gleichmäßig, sondern ruckartig vonstatten. »Bei den Ursachen der Erdbeben unterscheiden wir Abschiebungen, Plattenverschiebungen und Aufschiebungen, im Oberrheingraben dominieren Abschiebungen. Was diesmal der Auslöser war, wissen wir aber erst in mehreren Monaten, wenn wir zum Beispiel sogenannte Herdflächenlösungen gemeinsam mit anderen Erdbebendiensten ausgewertet haben«, erläuterte der Fachmann.

»Wir haben in Rheinland-Pfalz bundesweit bezogen relativ viele Erdbebengebiete. Dazu gehören neben dem Oberrheingraben das Neuwieder Becken, die Mittelrheinzone, der Hintertaunus, die ›Hunsrück-Südrand-Störung‹ und die Osteifel sowie die Westeifel an der Grenze zu Belgien«, sagte Schmidt. »Letztlich bekam ja auch das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich bei Koblenz unter anderem wegen der Erdbebengefahr nach einer höchstrichterlichen Entscheidung keine Genehmigung zum weiteren Betrieb.« Das milliardenteure einzige Atomkraftwerk in Rheinland-Pfalz wird abgerissen.

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