nd-aktuell.de / 27.12.2010 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

China will weitere Anleihen kaufen

Verschuldete EU-Staaten auf Investitionsliste

Peking (AFP/ND). Wo liegt die Bank der Vereinigten Staaten von Amerika? In China. Die Volksrepublik hat hunderte Milliarden Dollar in Staatsanleihen der USA gesteckt. Nun hat die Regierung in Peking angekündigt, auch den hoch verschuldeten Eurostaaten zur Seite springen und Anleihen der europäischen Länder kaufen zu wollen. Das Interesse dürfte aber nicht nur in einem guten Geschäft liegen. Die Motivation ist vermutlich ebenso geopolitisch und strategisch, sagen Analysten.

Die Zahl ist gigantisch: Rund zwei Billionen Euro betragen die Währungsreserven des Landes. 907 Milliarden Dollar davon hat China in US-Anleihen geparkt. Seit der Finanzkrise aber versucht das Land, sein Geld breiter zu streuen. Nun kündigt das chinesische Außenministerium an: »Wir sind bereit, den Ländern der Eurozone zu helfen, die Krise zu überwinden.« Europa werde einer der wichtigsten Märkte für die Investition ihrer Rücklagen sein.

Den Schuldenstaaten in Europa – allen voran Griechenland, Irland und Portugal – ist die chinesische Hilfe willkommen. Sie dürfte die Märkte beruhigen und die Spekulationen auf eine Pleite der Länder einschränken.

Allerdings handelt Peking wohl nicht als reiner Wohltäter. »Die Motivation scheint eher geopolitisch und strategisch als finanziell zu sein«, sagt Patrick Artus, Chefvolkswirt der französischen Bank Natixis. Die globale Bedeutung Chinas würde steigen, und auch in einer Reihe wirtschaftlicher und politischer Streitfragen kann es auf eine bessere Position hoffen.

Eilt China den Eurostaaten zur Hilfe, dürfte sich etwa der Druck auf Peking abschwächen, seine Währung aufzuwerten. Die USA und Europa kritisieren seit langem, der Yuan sei unterbewertet – was die chinesischen Exportwaren so günstig mache. Die EU betont allerdings, sie habe China keinerlei Zugeständnisse im Gegenzug zum Aufkauf europäischer Schuldtitel gemacht. Es habe »keinen irgendwie gearteten Handel oder Verhandlungen« gegeben, sagt der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Bislang sind die Investitionen in europäische Anleihen nach Schätzungen von Natixis eher gering. China hat demnach vor allem in Anleihen großer Staaten wie Deutschland und Frankreich investiert. »Die Chinesen haben einen kleinen Betrag griechischer Anleihen gekauft, mehrere hundert Millionen Euro – das ist eher unbedeutend –, und ein paar Milliarden Euro portugiesische Schuldpapiere«, schätzt Chefvolkswirt Artus.