Überall Hassenhausen

Storno von Elke Weber-Moore

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.
Zwei Freundinnen in der deutschen Provinz, die eine blond, die andere braun, eine mit Mann und viel überschüssiger Energie, die andere mit Kind und wenig mehr als dem Wunsch, dessen Vater möge ins Dorf zurückfinden und endlich von der Existenz seines Sohnes erfahren, das sind die Heldinnen von »Storno«. Sie arbeiten als Kassiererinnen, träumen von Veränderung, vom amerikanischen GI-Vater, vom großen Glück als Kleinfamilie, führen den Zuschauer per Off-Kommentar ein in ihre dörfliche Welt und ihren eigenen Film und kommentieren damit gleichzeitig ihre lebenslange Freundschaft. Dass das Dorf von Stefanie und Gabi in Hessen liegt, verdankt sich mehr der Herkunft von Regisseurin Elke Weber-Moore als einem speziell hessischen Anspruch auf die Essenz gestörter Dorfidylle. Hassenhausen könnte überall sein, wo der dörfliche Zusammenhalt gerade noch so weit funktioniert, dass die Teilnahme an Trachtentanzgruppe und Freiwilliger Feuerwehr Ehrensache ist, auch wenn die Höfe sterben, der Supermarkt auf der sprichwörtlichen grünen Wiese längst die bäuerliche Selbstversorgung ersetzt hat und Neubaupläne junger Paare durch die dorfnahe Autobahn behindert werden. Trotz der Entscheidung der Regisseurin, in ihrem Heimatort tatsächlich auch zu drehen, ist »Storno« am Ende Detlev Bucks interessantem, aber letztlich verunglückten westfälischen Kleinstadtdrama »Liebesluder« ähnlicher als der Neuerfindung des Heimatfilms, wie sie dem Österreicher Stefan Ruzowitzky mit »Die Siebtelbauern« gelang. (Dass Simon Schwarz, hier der abtrünnige Don Giovanni und Vater von Stefanies Sohn Florian, in allen drei Filmen mitspielt, ist wohl nicht mehr als eine kleine Kuriosität am Rande.) Die bewegte Kamera wird irgendwann zum Manierismus, das Zusammenspiel von Laien-, Jung- und Profidarstellern funktioniert nicht immer reibungslos, und dass Elke Weber-Moore vor dem Spielfilmdebüt mit »Storno« bisher im dokumentarischen Fach tätig war, merkt man der abgeguckten Dorf-Wirklichkeit nur gelegentlich an. Es mag ein besonders unbedeutendes Detail sein, aber dass die Regisseurin ihren eigenen kleinen Sohn - von Ehemann und Regie-Kollege Eoin Moore - in der Rolle des vaterlosen Flori besetzte, ist offenkundig eher elterlichem Stolz als dem Urteilsvermögen eines Casting-Agenten geschuldet. Ein paar Großaufnahmen und Dialogzeilen weniger vom Sprössling der Regisseurin hätten ihrem Film nur gutgetan.
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