Touristen sollen in die Grube fahren

Wismut-Anlagen im oberen Erzgebirge saniert

  • Peter Liebers, Gera
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Die ersten ehemaligen Wismut-Objekte im Erzgebirge werden saniert. Probleme gibt es mit kontaminiertem Gelände. Eine Bergbaustadt soll zu einem attraktiven Touristenziel werden.

Im erzgebirgischen Johanngeorgen- stadt haben erste Sanierungsarbeiten an ehemaligen Wismut-Objekten begonnen, die in der DDR unsaniert an die Kommune übergeben worden waren. Als erster Schritt würden sieben ehemalige Bergbauanlagen zwischen Johanngeorgenstadt und Breitenbrunn in Angriff genommen, hieß es jüngst in einer Erklärung der Wismut GmbH. Die gemeinsam mit den betroffenen Kommunen ausgewählten Flächen seien von besonderer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region, betonte Wismut-Pressesprecher Werner Runge. Der Bund und der Freistaat Sachsen stellen für die Sanierung jeweils 2,3 Millionen Euro bereit. Auf der Prioritätenliste stehen unter anderem einstige Erzbunker, Halden sowie das Bergschadensgebiet Rabenberg. Weil die Flächen bereits in den Jahren 1957/58 an die Stadt rückübertragen worden waren, fallen sie nicht mehr unter die Sanierungsverantwortung der Wismut. Die Verwahrung oberflächennaher Grubenbaue zur Gefahrenabwehr erfolgte daher nicht. Absetzbecken der Erzaufbereitung mit radioaktiven Rückständen sind nicht sicher abgedeckt und Halden nur notdürftig renaturiert. Die Ausklammerung dieser Altlasten aus der Verantwortung der Wismut stellte Johanngeorgenstadt vor unlösbare Probleme. Dass das nur wenige Kilometer entfernte Schlema von der Wismut wieder in eine attraktive Kurstadt verwandelt wurde, während die Bergstadt noch immer unter den Bergbaufolgen leidet, führte in der Vergangenheit zu heftigen Debatten. Die von Sachsen seit 1993 jährlich für die Gefahrenabwehr aufgewendeten zwei bis drei Millionen Mark waren da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Angesichts der nicht bewältigten Bergbaufolgen und der nach 1989 erfolgten Liquidierung der meisten ortsansässigen Unternehmen erlebte die Region eine besonders dramatische Schrumpfung. Seit 1989 hat sich die Einwohnerzahl Johanngeorgenstadts fast halbiert auf jetzt 6000. Vor dem Hintergrund wurde ein vom Bund mit 0,7 Milllionen Euro unterstütztes Modellvorhaben zum Umbau von Siedlungsstrukturen gestartet, mit dem die in einer reizvollen Landschaft gelegene Bergstadt wieder in ein Touristenziel verwandelt werden soll. Angesichts der an der Stadtgrenze verlaufenden Staatsgrenze sollen dazu auch deutsch-tschechische Aktivitäten entwickelt werden. Dazu zählen neue grenzüberschreitende Verkehrslösungen. Gerade mit Blick auf den EU-Beitritt Tschechiens böten sich da günstige Aussichten, sagte Johanngeorgenstadts Hauptamtsleiter Rene Siedelt. Auf dem Areal der Trockenzeche am Bahnhof, wo die Sanierungsarbeiten begannen, sieht der Politiker bereits ein grenzüberschreitendes Gewerbegebiet wachsen. Jetzt könne man dafür endlich die Werbetrommel rühren, sagte Siedelt, der hofft, dass in fünf Jahren die ersten Veränderungen erfolgt sind. Die Vorplanungsarbeiten für die Sanierungsarbeiten wurden von der Wismut GmbH/Wismut-Consult ausgeführt. Das Unternehmen hat seit zwölf Jahren Erfahrungen beim Sanieren von Grubenbauen, Halden und Aufbereitungsanlagen in Thüringen und Sachsen gesammelt. Von dem Unternehmen wurden die Kontamination erfasst, eine Umweltbewertung vorgenommen sowie Projekte für die Flächensanierung erarbeitet. Ausgeführt werden die Arbeiten von Mitarbeitern der sächsischen Bergsicherung. In Johanngeorgenstadt hatten die sowjetischen Besatzungstruppen 1945 auf der Suche nach Uranerzlagerstätten in den Gruben mit Erkundungsarbeiten begonnen. 1946 wurde die »Sächsische Bergbauverwaltung« gegründet und 1947 die SAG Wismut in das Handelsregister in Aue eingetragen. Damit begann ein unvergleichlicher Raubbau, dessen Folgen noch heute schwer auf der Region lasten. 1949 hatte das Grubenrevier seine größte Ausdehnung erreicht und erstreckte sich mit 26Schächten im Schwarzwassertal bis nach Erla. Johanngeorgenstadt wuchs bis 1953 von ursprünglich 6500 auf 45000 Einwohner. Die Mehrzahl von ihnen lebte in Barackenstädten aus hastig errichteten Fertighäusern. In der zweiten Hälfte der 50er Jahre hatten die Grubenbauen die Stadt so intensiv unterminiert, dass das Zentrum bis auf wenige Gebäude abgerissen werden musste, da es einzustürzen drohte. Derzeit verhandeln der Bund und die Freistaaten Sachsen und Thüringen noch über eine Grundsatzvereinbarung über die Sanierung von Wismutalt- standorten, die vor ...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.