Seminare im Container?
Wissenschaftssenator Zöllner (SPD) sucht Lösungen für Hochschul-Ansturm / Jürgen Zöllner ist Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Zöllner: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Berlin schon von 2006 bis 2010 die Zahl der Studienanfänger von 20 000 auf 28 000 erhöht hat. Das ist bundesweit einmalig. Wir fangen somit nicht bei Null an, sondern haben uns langfristig auf den Ansturm aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs in 2012 vorbereitet. Dies haben Senat und Hochschulen gemeinsam gemacht. Es gibt also eine hohe Bereitschaft, dafür Sorge zu tragen, dass möglichst viele Studienplätze angeboten werden können. Aber man kann nicht von heute auf morgen weitere 2000 Studienplätze schaffen. Das ist nicht nur ein Finanzproblem. Sie müssen auch die Leute finden und die Räume. Da sind nun pragmatische Lösungen gefragt.
Was denn zum Beispiel, Seminare im Container?
Warum nicht? Wir sind mit den Hochschulen im Gespräch, wie wir damit umgehen. Natürlich ist das aber besser als kein Seminar stattfinden zu lassen oder keinen Studienplatz bereitzustellen. Als ich Uni-Präsident in Mainz war, habe ich ein Zelt aufstellen lassen, als ein großer Hörsaal renoviert wurde. Erst haben alle komisch geguckt, aber nach drei Jahren wollten die Studierenden da gar nicht mehr raus.
So einfach wird das in Berlin wahrscheinlich nicht ...
Nein. Es betrifft ja auch nicht nur die Wehrpflichtigen. Auch der Ersatzdienst fällt weg. Und es trifft auch die, die bei der Bundeswehr und beim Ersatzdienst waren und nun an die Hochschulen wollen. Mehrere Jahrgänge werden da vor eine eindeutig schlechtere Situation gestellt als junge Leute vor ihnen und auch nach ihnen. Also muss man sich kümmern. Ich sehe dieses Verantwortungsbewusstsein bei den Hochschulen. Sie haben auch den Ehrgeiz, das zu stemmen. Durch die neu eingeführte leistungsbasierte Hochschulfinanzierung haben die Berliner Hochschulen auch die Garantie, dass jeder zusätzliche Studienplatz finanziert wird.
Was geht noch? Mehr Kooperationen der Hochschulen untereinander?
Sicher. Man kann sich mit Fachpersonal helfen und mit Räumen. Die Unis haben die größeren Hörsäle. Die kann man doch auch mal länger am Abend nutzen. Bei den Laborplätzen, zum Beispiel in der Chemie, wird es aber richtig ernst. Die lassen sich nicht eben mal neu bauen. Da muss ein Kurs dann vielleicht mal vier oder sechs Wochen in die Semesterferien reichen.
Mit gutem Willen kann man die Infrastruktur besser ausnutzen. Aber auch bei den Studierenden muss es dann die Bereitschaft geben, das mitzutragen.
Schreckt das Studenten von einem Studium in Berlin nicht eher ab?
Das glaube ich nicht. Berlins Hochschulen sind sehr begehrt, das zeigen die Bewerberlisten der letzten Jahre. Und Berlin als Stadt ist ebenfalls hochattraktiv für Studierende.
Gespräch: Ulrike von Leszczynski, dpa
Zum Aktionspaket
Linken, unabhängigen Journalismus stärken!
Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.
Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.