Systemfrage unerwünscht

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Bayerns Wissenschaftsminister Hans Zehetmair hat schon vor Monaten ausgesprochen, was viele Politiker - und leider auch viele Eltern - denken: Bildungspolitik ist in Deutschland einer der letzten Rückzugsräume konservativen Denkens. Ganztagsschulen, so der CSU-Minister, seien allenfalls aus sozialpolitischen Überlegungen in Ballungsräumen sinnvoll, also dort, wo Mama und Papa arbeiten gehen müssen, um das teure Leben in der Stadt zu finanzieren. Eine Eltern-Umfrage in Bayern habe dies bestätigt: eine Mehrheit wolle keine Ganztagsschulen. Alles soll so bleiben, wie es ist. Ähnlich denkt wohl auch eine Mehrheit der Bevölkerung. Ganztagsschulen wollen zwar mittlerweile die meisten, doch eine Änderung des Schulsystems stößt weiterhin auf Ablehnung. Was Dortmunder Bildungsforscher jetzt in einer Studie herausgefunden haben, passt zur derzeitigen Diskussion über Bildungspolitik. Der Staat soll mehr Geld für Bildung ausgeben, doch ansonsten soll alles beim alten bleiben. Kein Nachdenken über andere Schulformen oder gar über die Abschaffung von Schulnoten oder des Sitzenbleibens. Das GEW-Vorstandsmitglied Marianne Demmer hat es auf der gestrigen Pressekonferenz zum Auftakt der GEW-Bildungs-Kampagne auf den Punkt gebracht: Das Problem sei, so Demmer, dass hier zu Lande Leistung immer noch mit Selektion gleich gesetzt werde. Getreu dem Motto: Je mehr Sitzenbleiber, desto höher muss das Leistungsniveau der Klasse sein. Alles soll so bleiben, wie es ist? Die skandinavischen Länder zeigen, dass es durchaus möglich ist, das Schulwesen vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es sollte schon nachdenklich machen, dass es im PISA-Spitzenreiterland Finnland ein ausgebautes Gesamtschulsystem, wenig Notendruck und kein Sitzenbleiben gibt. Fragt man finnische Lehrer danach, was das besondere an ihren Schulen sei, so hört man dies: »Wir nehmen jedes Kind ernst, wir...

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