Stasiakten Schily Arm in Arm mit Kohl

Union und Differenzen in Koalition verhindern Gesetzesänderung

  • Peter Richter
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die geplante Novellierung des Stasiaktengesetzes droht zu scheitern, weil die Koalition mehr auf die Union als auf die Belange der Stasi-Aufklärer schielt.

Eine seltsame Art großer Koalition - zumindest zwischen CDU/CSU und dem Bundesinnenminister - bahnt sich offenbar hinsichtlich der geplanten Änderung des Stasiunterlagengesetzes an. Sie wurde von der rot-grünen Koalition für notwendig erachtet, nachdem Helmut Kohl durch Gerichtsurteil eine weitgehende Schließung von Stasiakten über Prominente in Ost und West, sofern sie nicht selbst für die Staatssicherheit gearbeitet hatten, erwirkte. Die wollte die Koalition nun rückgängig machen, indem die Behörde der Bundesbeauftragten für die Stasiakten die letzte Entscheidung über die Freigabe der Dokumente treffen soll, nachdem sie die Betroffenen benachrichtigt hat und diese Einwände geltend machen können. Außerdem sollte sich die Aktenbereitstellung auf solche Informationen beschränken, »die ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen«. Die Union lehnt eine solche Regelung strikt ab und will, ganz im Sinne des Altbundeskanzlers, die letzte Entscheidung in jedem Fall demjenigen überlassen, über den die Staatssicherheit Informationen sammelte und in dem sie ohne Ansehen der Person generell ein »Opfer« sieht - eine Sicht, die zum Beispiel das Leipziger Bürgerkomitee empört zurückweist. Sie setzte aber im Innenausschuss eine nochmalige Anhörung am 24.Juni durch, womit die Novelle schon aus Zeitgründen kaum noch durch diesen Bundestag zu verabschieden sein dürfte. Nun könnte die Koalition sie auch im Alleingang durchbringen, zumal sie kaum der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch wenn das die Union natürlich anders sieht. Dazu allerdings fehlt ihr offenbar der Mut, hat sich doch Innenminister Schily auf die Seite der Union geschlagen. Er hatte nicht nur so lautstark in der SPD-Fraktion gegen das Vorhaben gewettert, dass ihn deren Chef zur Ordnung rufen musste. Er brachte nun auch einen eigenen Gesetzentwurf ein, nach dem die letzte Entscheidung nicht bei der Birthler-Behörde liegen soll. Vielmehr will er die Herausgabe von Akten nur zulassen, wenn »schutzwürdige Belange der Personen nicht beeinträchtigt werden«. Die Koalitionsfraktionen halten das für zu weit gefasst und unklar, weshalb zum Beispiel der grüne Rechtsexperte Cem Özdemir solche »Formulierungshilfen« ablehnt: »Dies wollen wir eindeutig nicht.« Alleingänge ohne CDU und CSU jedoch ebenso wenig; es sei eben gute Übung, für ein solches Vorhaben eine breite Mehrheit anzustreben. Da für diese aber nicht einmal der eigene, zuständige Minister zu gewinnen ist, dürfte das Projekt »in Schönheit sterben« - aus Rücksichtnahme auf Helmut Kohl auf de...

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