nd-aktuell.de / 13.06.2002 / Brandenburg

Keine Toleranz bei rechter Gesinnung

Seit einem Jahr haben Schulen Meldepflicht

Wilfried Neiße
Im ersten Schulhalbjahr 2001/02 wurden an das Bildungsministerium sieben Fälle gemeldet, in denen Schüler in verbaler oder tätlicher Gewalt eine rechtsextreme Gesinnung offenbarten. Bildungsminister Steffen Reiche teilte dazu jetzt mit, dass in drei Fällen der Verdacht auf Körperverletzung und Nötigung vorgelegen habe. Doch sei damit die Liste nicht am Ende. Wie Reiche sagte, seien im gleichen Zeitraum zahlreiche Beschimpfungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund gegen- über Mitschülern vorgekommen. Auch das Bedrohen von Lehrkräften oder die strafbare Darstellung von NS-Grußformen wurde registriert. In 20 Fälle haben Handlungen oder Äußerungen stattgefunden, die in weiterer Hinsicht die Würde, Ehre oder das Empfinden Einzelner oder Gruppen verletzen. Dazu zählt die Schulstatistik rechtsextreme, antisemitische oder fremdenfeindliche Äußerungen im Unterricht oder das Abspielen entsprechender Musik. Gemeldet wurden auch 91 Fälle, in denen Symbole verfassungswidriger Organisationen oder NS-Zeichen getragen wurden. Im Jahr 2000 hatte der »Spiegel« behauptet, dass Lehrer in Brandenburg oft wegschauen, wenn auf dem Schulgelände rechtsextreme und fremdenfeindliche Tendenzen um sich greifen. Das Ministerium hatte sich damals zwar vor die Pädagogen gestellt, wurde aber dennoch aktiv. In einem Rundschreiben wurden alle Schule angewiesen, rechtsextremistische Straftaten den zuständigen Schulämtern zu melden und Strafverfolgungsbehörden einzuschalten. Den Schulen wurde in diesem Zusammenhang vorgeworfen, Hakenkreuzschmierereien schnell zu überpinseln und dem zuständigen Schulrat nicht zu melden. Das Ministerium räumte damals ein, dass für viele Schulen im Vordergrund steht, »den eigenen Ruf nicht zu ruinieren«. Es sei sogar vorgekommen, dass Lehrer, die mit unliebsamen Nachrichten an die Öffentlichkeit gehen wollten, »diszipliniert« wurden. Mit seinem Erlass wollte der Bildungsminister solchen Tendenzen entgegenwirken. Reiche unterstreicht in seiner aktuellen Mitteilung, dass die Erziehung zu Toleranz, Solidarität und Wahrung der Würde und Freiheit des Menschen ein wesentlicher Handlungsauftrag des brandenburgischen Schulgesetzes ist.