nd-aktuell.de / 13.06.2002 / Politik

»Bundesrepublik ist ein Entwicklungsland«

Schwerin (ND-Rex). In Deutschland gibt es einen Mangel an Bürgerbeauftragten. Das beklagten die vier Amtsträger bei ihrem Jahrestreffen in Schwerin. Sie forderten, solch eine Instanz auch in den anderen Ländern einzurichten. Ebenso halten sie einen Bürgerbeauftragten für die gesamte Bundesrepublik für notwendig. Verglichen mit anderen Staaten sei die Bundesrepublik in dieser Hinsicht ein Entwicklungsland, erklärte Ulrich Galle aus Rheinland-Pfalz. Dort existiert dieses Amt bereits seit 1974. Seither wurden 70000 Petitionen bearbeitet, jährlich melden rund 3000 Bürger bei Galle ihre Sorgen an. Im Oktober 1988 richtete Schleswig-Holstein das Amt einer Bürgerbeauftragten ein, im März 1995 kam Mecklenburg-Vorpommern dazu, 2001 Thüringen. In Schwerin wurde 2001 die PDS-Politikerin Heike Lorenz zur Bürgerbeauftragten gewählt. Sogar bei der EU existiert ein Bürgerbeauftragter (Ombudsman). Der darf allerdings nur Beschwerden über Funktionsmängel von EU-Organen untersuchen, kritisierte Galle. Das sei jedoch in der Regel nicht Inhalt von Beschwerden zur EU. In anderen Bundesländern beobachte er eine oft irrationale Debatte, erklärte Galle. Abgeordnete fürchteten, dass ihre Kompetenz durch einen Bürgerbeauftragten eingeschränkt werde. In jedem Bundesland und beim Bundestag existieren Petitionsausschüsse, an die sich Bürger mit Beschwerden wenden können. Als Vorteil seines Amtes sieht Galle, dass ein konkreter Ansprechpartner vorhanden ist. In den Büros der Bürgerbeauftragten könnten Fachleute zwischen Beschwerdeführern und Verwaltungen vermitteln.