nd-aktuell.de / 19.01.2011 / Politik / Seite 6

50 Tote bei Anschlag in Tikrit

Irak: Selbstmordattentäter sprengte sich vor Rekrutierungsbüro

Bei einem der schwersten Anschläge in Irak seit Monaten sind mindestens 50 Menschen getötet und 150 weitere verletzt worden. Ein Selbstmordattentäter habe seinen Sprengsatz am Dienstag vor einem Rekrutierungsbüro der Polizei in Tikrit gezündet, teilten Behördenvertreter mit.

Tikrit (AFP/ND). Nahe des ersten Kontrollpunktes vor dem Rekrutierungsbüro im Zentrum von Tikrit, rund 160 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, habe sich am Vormittag der Attentäter inmitten der Rekruten gesprengt, berichteten Augenzeugen. Ein Vertreter des irakischen Innenministeriums bestätigte die Zahl der Toten, nach Angaben der Polizei in Tikrit waren unter den 50 Todesopfern mindestens 37 Rekruten und zwei Polizisten. Die Behörden der Provinz Salaheddin sprachen von 43 Toten und 91 Verletzten.

Der Anschlagsort war mit Blutlachen und abgetrennten Körperteile übersät, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Das Gebiet wurde abgeriegelt, Krankenwagen waren stundenlang mit dem Abtransport der Opfer beschäftigt. Wegen der Schwere ihrer Verletzungen wurden einige Verwundete in Krankenhäuser in Bagdad, Mossul und Kirkuk gebracht. Die Moscheen in Tikrit riefen per Lautsprecherdurchsage zu Blutspenden für die Verletzten auf.

Im Krankenhaus von Tikrit suchten zahlreiche Menschen nach ihren Angehörigen, sodass die Polizei eine Sicherheitsabsperrung um das Gebäude errichtete. »Ich versuche seit Stunden, meinen Bruder zu erreichen, der sich in der Warteschlange vor dem Rekrutierungszentrum befand«, sagte der 38-jährige Mohammed Aiseh.

Der Provinzrat rief nach einer Krisensitzung eine dreitägige Trauerzeit aus. Zudem beschloss er die Bildung einer Untersuchungskommission, die eventuelle Nachlässigkeiten bei der Sicherung des Rekrutierungszentrums prüfen soll. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand.

Das Attentat in Tikrit war der schwerste Anschlag in Irak seit dem Angriff auf eine syrisch-katholische Kirche in Bagdad, bei dem Ende Oktober 58 Menschen, darunter fünf Angreifer, ums Leben gekommen waren. Es handelte sich außerdem um den ersten großen Anschlag seit Antritt der Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki am 21. Dezember. Am 17. August waren bei einem Selbstmordanschlag auf ein Rekrutierungszentrum der Armee in Bagdad 59 Menschen getötet und über 120 verletzt worden. Zu dieser Tat und zum Angriff auf die Christen bekannte sich der irakische Arm des von Al Qaida.

In den vergangenen Monaten hatte die Gewalt in Irak deutlich abgenommen. Der Anschlag in Tikrit verdeutlichte aber die Schwierigkeiten der irakischen Armee und Polizei bei der Sicherung des Landes. Sie tragen allein die Sicherheitsverantwortung, seit die US-Armee im August ihren Kampfeinsatz in Irak beendete.