Zivilgesellschaft in Afghanistan?

Heike Hänsel (LINKE) fordert Unterstützung für demokratische Kräfte / Die entwicklungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion gehört zu den Organisatorinnen der Konferenz

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: »Das andere Afghanistan« ist eine Konferenz der LINKEN-Bundestagsfraktion überschrieben, die am Freitag/Sonnabend im Berlin stattfindet. In Afghanistan aber wird auch in diesem Jahr noch Krieg geführt werden. Welche Voraussetzungen müssen für Sie erfüllt sein, damit er beendet werden kann?
Hänsel: Für uns ist entscheidend, dass die fremden Truppen aus dem Land abziehen. Das ist die Voraussetzung für eine politische Lösung des Konflikts in Afghanistan und der Region.

Was entgegnet DIE LINKE auf den Vorhalt der SPD und anderer, erst müssten friedliche Verhältnisse hergestellt werden und das ginge nur mit militärischen Mitteln, ehe überhaupt ein ziviler Aufbau möglich ist?
Die Realität spricht gegen diese Logik, die es jetzt schon zehn Jahre gibt. Wir haben mittlerweile mit über 120 000 mehr Soldaten als jemals zuvor in Afghanistan und trotzdem die schlechteste Sicherheitslage, die es je dort gab.

Steht DIE LINKE mit dieser Meinung allein, oder gibt es da Verbündete?
Die Abneigung in der deutschen Bevölkerung gegen diesen Militäreinsatz ist hoch und liegt bei 70 Prozent. Auch in Afghanistan selbst sehen immer mehr Menschen keine Perspektive mehr, wie sich das Land unter der NATO-Besatzung entwickeln soll. Und das wollen wir auf unserer Veranstaltung sicht- und hörbar machen.

Gibt es Ihrer Meinung nach in Afghanistan ausreichend starke Kräfte, die – vorausgesetzt die Besatzungstruppen sind weg – eine Gesellschaft jenseits der Kriegswirtschaft aufbauen können?
Wie stark diese Kräfte sind, ist schwierig einzuschätzen. Aber es gibt sie. Und das Hauptproblem ist, dass sie bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit und auch Unterstützung, geschweige denn Schutz bekommen. Mir ist völlig unverständlich, warum sie keine stärkere Unterstützung erfahren, zum Beispiel im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit.

Welchen Beitrag leistet Deutschland, um diese Kräfte zu stärken?
Davon ist mir wenig bekannt. Nichtregierungsorganisationen, die die NATO-Präsenz kritisieren, bekommen wenig Unterstützung. Wir haben uns zum Beispiel sehr lange bemühen müssen, bis wir für eine ehemalige Parlamentarierin Hilfe durch ein Netzwerk vermitteln konnten, das es beim Auswärtigen Amt dafür gibt. Wir kritisieren, dass sich die Bundesregierung nur auf das Karsai-Kabinett und seine Warlords fokussiert – eine total korrupte Regierung, die demokratische Kräfte systematisch ausgrenzt und rechtlich verfolgt.

Wird das auch ein Thema der Konferenz sein? Was erhoffen Sie sich überhaupt von der Veranstaltung?
Wir haben die Konferenz »Das andere Afghanistan« genannt. Insofern erhoffen wir uns, dass eben jene anderen, die kritischen Stimmen, die eine andere Entwicklung und vor allem ein Ende der Besatzung im Land wollen, mehr Gehör bekommen. Sie sollen sichtbar werden auch hier in Deutschland und Europa. Sie sollen sich vernetzen können mit Exil-Afghanen, die hier leben, mit der Friedensbewegung und anderen Gruppen.

Ein zweiter Schwerpunkt befasst sich mit der NATO-Strategie. Wie wirkt sie sich auf die Zivilbevölkerung aus? Wie agiert die NATO in Afghanistan vor Ort und natürlich auch: Was bedeutet die sogenannte zivilmilitärische Zusammenarbeit, wie sie Bundesentwicklungsminister Niebel propagiert, für die Arbeit der Hilfsorganisationen? Zu all dem wird es Gesprächsrunden geben.

Fragen: Roland Etzel

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