In der Bewerbung steckt Substanz

DOSB-Präsident Thomas Bach über Münchens Olympiachancen 2018

  • Lesedauer: 4 Min.
In einem knappen halben Jahr wird sich entscheiden, ob München die Olympischen Spiele 2018 austragen darf. Nach der Abgabe der »Bid Book« genannten Bewerbungsmappe sprach OLIVER HÄNDLER mit dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes und IOC-Vizepräsidenten, Dr. THOMAS BACH (Foto: dpa) über Münchens Chancen, Risiken für die Bewerbung und ein Kreuzfeuer der Fußballer.

ND: Herr Bach, was folgt nach der Abgabe des Bid Books?
Bach: Als nächster großer Schritt kommt die Evaluierungskommission des IOC Anfang März. Die wird das gesamte Projekt auf Herz und Nieren prüfen. Ich hoffe, die Bewerbung kann wieder ähnlich gut abschneiden wie im ersten Schritt, als es um die Qualifizierung zur Kandidatenstadt ging, und sie in den wesentlichen Themen die beste Bewerbung von allen war. Das wäre eine hervorragende Ausgangsbasis für die Entscheidung in Durban am 6. Juli. Dazwischen wird es Präsentationen auf allen Kontinenten geben, bis hin nach Neukaledonien, wo sich die ozeanischen NOKs treffen.

Klingt nach großem Aufwand.
Ja, für eine Präsentation von etwa einer halben Stunde, werden wir 60 Stunden im Flieger sitzen.

Warum könnte München doch verlieren?
Es ist ein harter Wettbewerb, und man darf nicht nur auf Pyeongchang als Gegner schauen. Annecy hat in den letzten Monaten sein Konzept sehr verändert. Wir haben zwei sehr starke Konkurrenten: Pyeongchang in Südkorea hat zweimal knapp verloren und viel Erfahrung.

Die Südkoreaner haben sicher in den vergangenen zwei Bewerbungen viele Freunde gewonnen? Kann München da mithalten?
Ich glaube nicht, dass Stimmen von einer Bewerbung zur nächsten mitgenommen werden. Jede Bewerbung hat ihre Zeit. Am Ende wird es eine Grundsatzentscheidung zwischen zwei grundverschiedenen Konzepten geben: Will man, wie schon in Sotschi oder Rio de Janeiro erkennbar, in eine neue Weltgegend in diesem Fall für den Wintersport gehen, etwas neu aufbauen und dann hoffen, dass sich daraus etwas entwickelt. Oder will man, dass Olympische Spiele auch mit ihrer ganzen Atmosphäre, der Begeisterung der Zuschauer für die Athleten nachhaltig begeistern.

In Garmisch soll jetzt jedoch ein Bürgerbegehren gegen die Spiele stattfinden.
Da wissen Sie mehr als ich.

Es soll stattfinden, das wissen Sie auch.
Das ist aber schon etwa die 25. Ankündigung.

Sie haben Erfahrung mit vielen Kandidaturen. Werden solch lokale Gegenbewegungen beim IOC überhaupt wahrgenommen?
Natürlich, weil die Evaluierungskommission den Auftrag hat, die Bewerbungen zu verfolgen. Aber das IOC ist in der Lage, das Ganze in die Perspektive zu rücken und zu erkennen, was PR-Aktionen eines einzelnen Anwalts sind und wo wirkliche Substanz steckt. Und in der Substanz ist diese Bewerbung hervorragend.

Falls es schiefgehen sollte, tritt München für 2022 noch mal an?
Wir setzen auf Sieg.

Heißt das, Sie schließen eine erneute Bewerbung aus?
Das heißt, dass jetzt nicht die Zeit ist, darüber nachzudenken. Die Aufgabe der Bewerbungsgesellschaft ist zu gewinnen. Nichts anderes. Wenn ein Athlet in einem olympischen Finale antritt und sich überlegt, wie es wäre, wenn er verliert, dann geht er besser gar nicht raus aus der Umkleidekabine. So ist es in einer Bewerbung auch. Man muss raus mit dem festen Willen zu gewinnen. Und in Durban geht es nur ums Gewinnen, denn das ist der einzige olympische Wettbewerb, in dem es weder Bronze noch Silber gibt. Bei der Wahl gibt es nur Gold.

Möchten Sie als IOC-Präsident die Spiele in München eröffnen?
Das Thema steht überhaupt nicht auf der Tagesordnung. Ich bin 2010 angetreten als Vizepräsident mit der klaren Aussage, den Präsidenten Jacques Rogge zu unterstützen. Es wäre ihm und dem IOC gegenüber unfair, jetzt Jahre vor einer Wahl eine Kandidatendiskussion vom Zaun zu brechen.

Wie sieht das IOC Bestrebungen der Fußballer, ihre WM im Winter abzuhalten, also in Kollision mit den Olympischen Spielen?

Ich sehe diese Änderung noch nicht kommen. Wenn aber doch, käme es auf den genauen Zeitpunkt an. Wenn im November/Dezember gespielt wird, hätte es auf die Olympischen Spiele keinen Einfluss. Wenn an Januar/Februar gedacht wird, müsste die FIFA auch in einigen der wichtigsten Fernsehmärkte der Welt um Aufmerksamkeit kämpfen. Im wichtigsten, den USA, sind Olympische Winterspiele viel populärer als Fußball-Weltmeisterschaften. Im Augenblick bin ich da sehr entspannt.

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