Die Rezension

Glück mit Disziplin

  • Lesedauer: 2 Min.

Ursula von Arx' »Ein gutes Leben« hebt sich von den üblichen Büchern des Genres ab, indem es das Thema zurückhaltend und mit einem gesunden Maß an Skepsis angeht. Die 43-jährige Schweizer Journalistin erlebte eine Kündigung als persönliches Drama und empfand Gespräche darüber als Linderung. Für ihr Buch hat sie 20 Menschen – vom Politiker bis zur Putzfrau – getroffen und danach gefragt, was sie glücklich mache. Die 93-jährige Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich kann ihren nachlassenden Kräften keine Vorteile abgewinnen. Glück findet sie im Denken: »Zu verstehen und zu verstanden werden, ist der Weg zu einem guten Leben.« Das größte Glück von Günter Wallraff ist es, Gutes für die Schwachen zu tun – und seine eigene Person zu vergessen. Beides ermöglichen ihm seine Undercoverreportagen.

Der deutsch-französische Grünenpolitiker und EU-Parlamentarier Daniel Cohn-Bendit versteht sich als »Glückskind«, trotz des frühen Verlusts der Eltern und der häufigen Erfahrung von Heimatlosigkeit. Cohn-Bendits Glück ist es, schreibt die Autorin, dass ihm die Rolle des Außenseiters gefällt.

Von Arx' Porträts und Interviews sind behutsam tastende Annäherungen an die Porträtierten und an ein Menschheitsthema. Die Beschreibungen bestechen durch ihre Genauigkeit und den Verzicht auf schnelle Urteile. Zum Schluss breitet die Autorin die Erkenntnisse der Glücksforschung aus. Geld macht demnach nur die Armen und die Neidhammel glücklich. Das Materielle werde oft überschätzt. Fazit: Glück ist ohne Disziplin nicht zu haben. Eric Breitinger

Ursula von Arx: Ein gutes Leben, Kein & Aber Zürich 2010, 240 S., 18,90 €.

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