nd-aktuell.de / 02.02.2011 / Kommentare / Seite 9

Zum Brunnen

Klaus Joachim Herrmann über eine virtuelle Verlockung

Die Alte Nationalgalerie gehört dazu und auch die Gemäldegalerie. Durch 17 Museen in neun Ländern führt Google in einem virtuellen Rundgang. Ohne Reisezeit und -aufwand sein, wo man niemals war. Unermessliche Schätze schauen zu jeder Stunde auf dem heimischen Display. 360 Grad-Ansichten und eine Auflösung von bis zu sieben Milliarden Pixel. Welch eine Versuchung.

Sie gleicht jener, der der Kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry ausgesetzt war. Auf seinen Reisen traf er einen Verkäufer Durst stillender Pillen. Der warb mit der Zeit, die beim Verzehr der Pillen zu sparen sei. Der Konsument müsse ja schließlich wegen der Löschung seines Durstes nicht mehr trinken.

Wie der Kleine Prinz seine derart gesparte Zeit, sollten wir allerdings auch die im virtuellen Rundgang gewonnenen eigenen Minuten anhäufen und gewinnbringend nutzen. Der Kleine Prinz nämlich hätte gern einmal wieder zu einem Brunnen gehen wollen, wir sollten eine wirkliche Galerie aufsuchen.