Mehr als die fränkische Kindheit

Matthias Egersdörfer feierte mit »Ich mein's doch nur gut« Berlin-Premiere

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein nachdenklicher Matthias Egersdörfer im Hotelzimmer
Ein nachdenklicher Matthias Egersdörfer im Hotelzimmer

Er ist nicht hübsch und auch nicht besonders freundlich. Doch das will Matthias Egersdörfer auch gar nicht sein. Der fränkische Kabarettist macht keinen Hehl aus seinem Dialekt und seinem Äußeren. Zwar hat er sich mit einem grau-braunen Anzug fein gemacht. Doch das knallrote Hemd sitzt etwas eng am Bauch und lässt am Kragen den Blick auf das weiße Unterhemd zu. So wirkt Egersdörfer wie ein ganz normaler Bürger. Dabei ist all das Teil seiner Inszenierung.

Im Kreuzberger BKA-Theater zeigte Egersdörfer vergangene Woche erstmals sein neues Soloprogramm »Ich mein's doch nur gut« in Berlin. Worum es darin geht, erfuhren die 250 Zuschauer in dem Theatersaal unterm Dach nicht gleich zu Beginn. Egersdörfer plauderte zunächst darüber, dass Königsberger Klopse »nix anderes« als Frikadellen seien und kam dabei schnell zum Gespräch mit Gott an der Himmelspforte. Als der Franke offenbarte, dass seine Mutter ihn zwang, als einziger Junge in der Klasse eine Strumpfhose zu tragen, haben alle den Programmtitel verstanden. Egersdörfers Mutter zählte ihren Sohn zur »Strumpfhosenelite« Bayerns.

Der Meisterschüler von Peter Angermann an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg verwirrt sein Publikum gern mit Abschweifungen, um dann geschickt Pointen zu setzen. So begann Egersdörfer eine andere Episode mit langweiligen Kirchenbesuchen, um sich letztlich über einen enttäuschenden Zirkusbesuch cholerisch zu echauffieren.

Egersdörfers Komik lebt auch von seiner Mischung aus ruhiger Erzählhaltung und geschrienen Beschimpfungen. Gern übertreibt er in seinen Ausführungen und wird vulgär, wenn er etwa die »großen, grünen glänzenden Diamanten« beschreibt, die man sich nur beim Zugfahren aus den Nasennebenhöhlen holen kann. Auf fränkisch heißt das übrigens »bubbeln«. Egersdörfer ist stets bemüht, solche dem Berliner Publikum unbekannten Worte zu erklären. Doch nicht immer ist er so freundlich zu den Zuschauern. Wenn er sich daran erinnert, dass ihn seine Klassenkameraden für seine Strumpfhose auslachten und nun das Publikum dies täte, sei es »blöd«. Denn im Unterschied zu seinen Mitschülern zahlt es dafür sogar Eintritt.

Gern wird es bei Egersdörfer auch politisch, wenn der 1969 Geborene etwa erzählt, dass er in der Schule ein Lied vorsingen musste, das er aus seiner Familie kennt. Als der Kabarettist das bei Hitlerjugend und Wehrmacht beliebte Volkslied »Schwarzbraun ist die Haselnuss« anstimmte, lachten nur noch wenige im Publikum.

Die krasseste Geschichte erzählte der sich selbst als »Sportcoupé des deutschen Kabaretts« bezeichnende Franke jedoch über gewöhnlichen Dosen-Thunfisch. Doch was Egersdörfer dazu zu sagen hat, sollte man lieber selbst aus seinem Munde hören.

Matthias Egersdörfer ist wieder am 3.5. mit »Ich mein's doch nur gut!« in Berlin zu sehen, Informationen unter: www.egers.de

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