Basis legt sich mit Minister an

In Beeskow diskutierte die Linkspartei gestern Abend über die Politik von Ralf Christoffers

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Streit um eine Speicherung von Kohlendioxid in Brandenburg ist nicht beigelegt. Die Spitze der Linkspartei bemüht sich um eine Beruhigung der aufgebrachten Basis. Dort werden Änderungen des Koalitionsvertrages und der Rücktritt von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers gefordert, der vergangene Woche den Hauptbetriebsplan zur Erkundung von möglichen CO2-Lagerstätten genehmigt hatte.

Besonders aufgebracht sind die Genossen in Beeskow (Oder-Spree) – eine der möglichen Standorte für ein CO2-Lager. Gestern Abend war Fraktionschefin Kerstin Kaiser in die Kreisstadt geeilt, um bei einem Treffen im Ortsverband die Wogen zu glätten (Nach Redaktionsschluss). »Der Frust darüber, wie Christoffers agiert, ist groß«, so Kreischef Peer Jürgens. Im Antragsentwurf des Stadtvorstandes war noch der Rücktritt gefordert worden. Christoffers war zu der Veranstaltung nicht eingeladen, er habe aber auch nicht gebeten zu kommen, hieß es. Der Minister war gestern passenderweise auf »Energietour« durch Brandenburg, um für erneuerbare Energien und die Politik des Landes zu werben. Die Beeskower Genossen hat er bisher noch nicht überzeugt, sie nannten ihn bereits eine »Fehlbesetzung« und warfen ihm »Betrug an den Wählern« vor.

Sie fordern auch generell ein Umdenken in der Speicherfrage. Denn es habe sich einiges geändert, sagt Jürgens. Zum Beispiel werde das Bundesgesetz über die sogenannte CCS-Technologie, mit der das klimaschädliche Gas abgefangen werden soll, wohl nicht kommen. Er plädiert deshalb für eine Änderung des Koalitionsvertrages mit der SPD. Der sieht ausdrücklich vor, mit der Vorbereitung der Verpressung von Kohlendioxid im märkischen Sand zu beginnen und so die mittelfristige Fortsetzung der Braunkohle-Verstromung zu sichern. Das hat die SPD der Linkspartei abgetrotzt, die zuvor im Wahlkampf gegen die CCS-Technologie aufgetreten war.

Auf eine Änderung des Koalitionsvertrages will sich die SPD aber nicht einlassen. Es werde »nicht nachverhandelt«, unterstrich Generalsekretär Klaus Ness und verwies auf die strengen Klimaschutzziele. Um diese einzuhalten, müsse nach Wegen zur CO2-Reduzierung gesucht werden.

Christoffers zeigt sich zerknirscht und ist um Schadensbegrenzung bemüht. Mit der Genehmigung des Hauptbetriebsplans habe er nicht grünes Licht für die Erkundungsarbeiten gegeben, beteuert er. Erst einmal werde nichts geschehen, bis das CCS-Gesetz der Bundesregierung vorliege. Und er gab sich überrascht von den Protesten, für die er Kommunikationsprobleme verantwortlich macht. »Mir ist es offenbar nicht gelungen, den Bürgern zu vermitteln, das es nicht um den Start der Erkundung geht.« Die bisherigen Schritte beträfen nur die Klärung rechtlicher Verfahrensfragen. Gerichtlich müsse nun geklärt werden, ob die »bergbauliche Aufsuchungserlaubnis« für die Region Beeskow aus dem Jahr 2009 auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage« erteilt wurde. In Beeskow glaubt man, dass die Erkundung nicht nach Bergrecht erfolgen darf, sondern dafür ein bundesweites CCS-Gesetz notwendig ist.

Christoffers' Genehmigung zur Erkundung von Gesteinsschichten im Landkreis Oder-Spree war »die falsche Entscheidung zum falschen Zeitpunkt«, hatte Fraktionschefin Kerstin Kaiser den Minister kritisiert. Einen Grund für seinen Rücktritt sieht sie allerdings nicht. Auch sie habe den Koalitionsvertrag unterschrieben, so Kaiser, dessen Umsetzung jetzt die Proteste auslöste.

Der brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen warf der LINKEN vor, sich mit ihrem Bekenntnis zu Kohle und CCS-Technologie im Koalitionsvertrag »in die Regierung geschummelt« zu haben. Er forderte Ministerpräsident Matthias Platzeck auf, seinem Wirtschaftsminister öffentlich den Rücken zu stärken. Denn jetzt würde die LINKE die Entwicklung der CCS-Technologie hintertreiben und damit 15 000 Arbeitsplätze in der regionalen Energiewirtschaft des Landes Brandenburg infrage stellen.

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