2071 – dicht am Meer wenig Wasser

Die Winterakademie des jungen Staatstheaters präsentiert ihre Zukunftsvisionen an der Parkaue

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.
Szene im Theaterlabor der Winterakademie
Szene im Theaterlabor der Winterakademie

Im Jahr 2071 sind Kinder von heute ältere Leute. Was könnte sie erwarten? Ist das Rentensystem bis dahin so »reformiert«, dass die Alten dann bei Wasser und Brot sitzen? Oder nur bei Brot, weil sie nicht flüssig genug sind, sich teures Trinkwasser zu kaufen? Der Satz: »Kindern gehört die Zukunft«, bekommt einen merkwürdigen Beigeschmack. Und die Betroffenen werden nicht gefragt.

Auch klimatisch dürfte sich bis 2071 viel ändern. Jux und Dollerei bestimmen also nicht die diesjährige Winterakademie des Jungen Staatstheaters Berlin zum Thema »Sagen wir, Berlin liegt am Meer«. An diesem Samstag präsentieren sie ihre Ergebnisse.

Na gut, Berlin am Meer? Das haben wir uns schon immer gewünscht. Doch damit würden sich das Leben in Berlin und das Land drum herum gehörig verändern. Und könnte man in dem Wasser noch baden? In zehn Laboren beschäftigten sich Kinder und junge Leute zwischen 8 und 20 Jahren in dieser Ferienwoche im Theater an der Parkaue mit Zukunftsvisionen. Es ist die sechste Winterakademie. Idee und Konzeption dafür wurden von der UNESCO als Projekt im Programm »Bildung für nachhaltige Entwicklung« ausgezeichnet. Die künstlerische Leitung haben Karola Marsch und Sascha Willenbacher. Wieder arbeiten Künstler verschiedener Genres mit den Kindern.

Ein »Wettermacher-Konzert« komponieren Acht- bis Zehnjährige in Labor 1. Sie probieren Gerätschaften aus, mit denen sie künftig das Wetter beeinflussen könnten (Leitung: Performerin Sylvi Kretzschmar). Die selbe Altersgruppe ertüftelt in Labor 2 Bedingungen für einen »Zeit-Tausch-Pakt«. Kinder sollen bestimmen, was Erwachsene 2011 einen Tag lang tun sollen, damit die Erde bewohnbar bleibt (Leitung: Performerinnen Eva Plischke, Sibylle Peters).

In Labor 3 arbeitet das Planungsbüro »The Foresight Company« zur Meeres-Vision. Ein Berlin-Modell wird geflutet. Ideen zur Stadt am und im Wasser sollen bei Zehn- bis Zwölfjährigen entstehen (Leitung: Objektkünstler Niels Bovri). Der »Monsterclub« agiert in Labor 4. Wer weiß schon, welche Geschöpfe der Klimawechsel, unterirdische CO2-Lager und verseuchte Ozeane hervorbringen? Autor und Regisseur Jörg Buttgereit leitet die Zehn- bis Zwölfjährigen Zukunftsforscher an.

»Wundergeräte« entstehen in Labor 5 (Leitung von Designer Tim Brauns). Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren gehen davon aus, dass 2071 eine Temperatur von 40 Grad Celsius die Regel ist. Wie kann man Lebensqualität dabei erhalten? Bis dahin haben sich durch Umweltkrisen Staaten aufgelöst. Wie es dazu kam, untersuchen Jugendliche zwischen 13 und 15 Jahren in Labor 6 »Suchquadrat 2011« (Leitung: Medienkunstkollektiv Ligna). Nicht nur der Wasserpegel steigt. Auch die Weltbevölkerung nimmt bis 2071 zu. »Platz machen!«, heißt es deshalb in Labor 7 für 13- bis 15-Jährige mit Performancekünstlerin Florian Feigl. Experimentiert wird u.a. mit Lautstärken, sozialen Regeln und Gerüchen. In Labor 8 für die selbe Altersgruppe (Leitung: Medienkünstler Sami Bill) weiß man schon von »Tendenz steigend«, der beliebtesten Show im Jahr 2071. Nutzen Politik und Wirtschaft die scheinbar harmlose Show zur Manipulation?

Der Morgen ist klüger als der Abend. Erst mal schlafen. Alte Weisheiten werden in Labor 9 abgewandelt (Leitung: Bildender Künstler Thomas Hauck). Wenn die Teilnehmer zwischen 16 und 20 im Schlaflabor aufwachen, sind 60 Jahre vergangen. Welche Bedeutung haben dann Dinge, die beim Einschlafen wichtig waren? Labor 10 schließlich heißt »Kaltes, klares Wasser«. Hier wird durchgespielt, wozu Menschen fähig sind, um an ein Glas Wasser zu kommen, während 2071 zwei Firmen in der Stadt die Versorgung reglementieren (Leitung: Regisseur Sascha Bunge).

Abschlusspräsentation am 5.2. ab 16 Uhr, Theater an der Parkaue, Parkaue 29, Lichtenberg, Eintritt für Erwachsene 3,50 Euro, für Kinder und Jugendliche frei, Info-Tel.: 55 77 52 51 53

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