nd-aktuell.de / 11.02.2011 / Brandenburg / Seite 11

Stadtrat warnt vor monotonem Behördenviertel

(dpa). Zwölf Jahre nach dem Umzug von Bundesregierung und Bundestag aus Bonn befürchten Landespolitiker eine Verödung des Berliner Regierungsviertels. Der Baustadtrat von Mitte, Ephraim Gothe, und die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl (beide SPD) appellierten gestern an den Bund, bei den weiteren Bauplanungen am Spreebogen und an der Wilhelmstraße normales städtisches Leben mit Wohnungen und Geschäften zuzulassen. Sie legten dazu einen »Sechs-Punkte-Plan zur Hauptstadtentwicklung« vor.

Gothe warnte vor der Entwicklung eines monotonen Behördenviertels. Wer derzeit den Hauptbahnhof zu Fuß verlässt, den empfängt eine große Leere. Auf brachliegenden Grundstücken gibt es vor allem Werbeplakate, das Zelt der Palazzo-Show oder einfach nur Pfützen. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Dann sollen auf der nördlichen Spreeseite, die zum großen Teil dem Bund gehört, große Gebäudekomplexe entstehen. Erst im Dezember 2010 begannen hier in Sichtweite von Kanzleramt und Hauptbahnhof die Bauarbeiten am künftigen Bundesinnenministerium. Andere Ministerien könnten folgen.

Gothe möchte hier eine lebendige urbane Mischung aus Büros, Geschäften, Restaurants und auch Wohnungen erreichen. Wenigstens in den Erdgeschosszonen der Bürokomplexe sollten Läden, Galerien und andere Formen öffentlicher Nutzung möglich sein. Zudem sehen die beiden Politiker den Bund im Regierungsviertel auch wohnungspolitisch in der Verantwortung. »Wie kann man Wohnungsbau machen, wo am Ende nicht schon 9,50 Euro Warmmiete pro Quadratmeter herauskommt? Hier sollte der Bund als Initiator neuer Mietmodelle für breitere Bevölkerungsschichten tätig werden«, formulierte der Baustadtrat eine Aufgabenstellung an das Bundesbauministerium.

Aber zunächst einmal sollte die Bundesregierung nach Forderung von Gothe und Högl einen für die Hauptstadtplanung verantwortlichen Ansprechpartner benennen, wie es ihn vor Jahren mit dem damaligen Umzugsbeauftragten Klaus Töpfer (CDU) gegeben habe. Außerdem sollte ein Standortkonzept für alle Ministerien entwickelt werden. Gothe beklagte, dass derzeit jedes einzelne Ministerium für sich plane. Die beiden Politiker wiesen darauf hin, dass der Bund in zentralen innerstädtischen Lagen noch über doppelt so viele Grundstücke verfüge, wie er für einen Umzug aller noch in Bonn verbliebenen Ministerien nach Berlin benötigen würde. Deshalb sollte der Bund mit dem Land Berlin aushandeln, wie die für Bundesbehörden nicht benötigten Areale genutzt werden könnten, für den Wohnungsbau etwa. Die Bundestagskantine am Wasserplatz sollte künftig der Öffentlichkeit und die große Bibliothek des Bundestages auch Berliner Studenten und Wissenschaftlern offen stehen.