nd-aktuell.de / 15.02.2011 / Brandenburg / Seite 9

Was passiert mit dem Gesetz des Entscheids?

Sonja Vogel

Der Gesetzentwurf zur Offenlegung der Unterlagen zum Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe wurde per Volksentscheid angenommen. Volksentscheide sind Parlamentsbeschlüssen ebenbürtig. Ihr Ergebnis ist bindend.

Denkbar wäre allerdings eine Normenkontrollklage durch den Senat, die prüft, ob der Entwurf verfassungskonform ist. Konkret geht es um den Paragrafen vier des Gesetzentwurfs, der alle Verträge und Nebenreden für unwirksam erklärt, die nicht innerhalb eines Jahres offengelegt werden.

Auch die privaten Teilhaber RWE und Veolia können eine Verfassungsbeschwerde einlegen. Da sie durch die Unwirksamkeitsfolge unmittelbar, rückwirkend und zu ihren Ungunsten betroffen sind, wäre eine Klage wegen Eingriffs in den Gewerbebetrieb denkbar. Diese ist insbesondere dann wahrscheinlich, wenn noch nicht alle Absprachen veröffentlicht wurden. Widerspricht die Unwirksamkeitsklausel tatsächlich geltendem Recht, würde lediglich der betreffende Paragraf gestrichen werden.

Die Berliner Landesverfassung sieht nun folgenden Ablauf vor: Der Präsident des Abgeordnetenhauses fertigt das Gesetz aus – hierbei sind lediglich redaktionelle Eingriffe möglich. Inhaltlich darf es von der Vorlage nicht abweichen. Dann wird das Gesetz durch den Regierenden Bürgermeister verkündet. Wie lange das Prozedere dauert, hängt von vielen Faktoren ab. »Einen Monat muss man in jedem Fall rechnen«, meint Christian Pestalozza, Jurist mit Schwerpunkt Verfassungsrecht an der Freien Universität zu Berlin (FU). Dass im Absatz zur Umsetzung lediglich von Volksentscheiden der zeitlich einschränkende Zusatz »unverzüglich« fehlt, hält der Jurist indes für nebensächlich. »Das ist ein peinlicher Fehler, dürfte aber keine Konsequenzen haben.«

Nach einer unverbindlichen Karenzzeit, gewissermaßen einer Anstandsfrist, kann das Gesetz allerdings jederzeit vom Abgeordnetenhaus verändert und sogar aufgehoben werden. Der Zeitrahmen hänge hier vor allem von der »Risikobereitschaft« der Politiker ab, meint Pestalozza.