Palästinenser lernen die Jagd auf Kriminelle

Polizeischüler erhalten an Oranienburger Fachhochschule Unterricht im Auswerten von Fingerabdrücken

  • Haiko Prengel, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Nabil Ishaq muss kurz die Augen zukneifen. Fingerabdrücke lesen strengt ziemlich an. Dann beugt sich der palästinensische Polizeibeamte wieder über die kleinen schwarzen Fingerkuppenmuster, die er seit Stunden zu Übungszwecken studiert. Schon bald werden es echte Spuren von Kriminellen sein, die es zu entschlüsseln gilt. In einem Unterrichtsraum der Polizeifachhochschule in Oranienburg lernt der 23-Jährige zusammen mit drei Kollegen derzeit emsig den Umgang mit Fingerabdrücken, die Daktyloskopie. Nach dem vierwöchigen Lehrgang geht es für die Polizeibeamten direkt zurück in ihre Heimat, das Westjordanland.

Im Hauptquartier der palästinensischen Polizei in Ramallah sollen die jungen Polizisten ihr erworbenes Fachwissen anwenden. »Wir lernen hier in Deutschland viel«, sagt Ishaq. Daheim sei Ermittlereinmaleins wie die Daktyloskopie Neuland.

Ishaq und seine Kollegen sind die ersten von insgesamt 24 palästinensischen Beamten, die bis 2012 in Oranienburg in die Fingerabdruckanalyse eingewiesen werden. Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt finanziert und ist Teil der Initiative »Zukunft für Palästina«. Mit ihr will die Bundesregierung den Aufbau staatlicher Strukturen in den palästinensischen Autonomiegebieten unterstützen. Ziele sind dabei die Einrichtung von Schulen und Kindergärten, die kulturelle Zusammenarbeit, aber auch der Aufbau eines funktionierenden Sicherheitsapparats.

Kriminelle mit Hilfe der Fingerabdrücke zu überführen, werde ein Stück Normalität im Alltag der Westbank schaffen, sagt ein Beamter der Oranienburger Polizeifachhochschule. Das Bundeskriminalamt (BKA) leitet die Ausbildung der palästinensischen Beamten. »Es geht um eine intensive Grundlagenvermittlung der Daktyloskopie«, sagt Dozentin Carola Haase. Dazu gehören der Aufbau der Haut, das ABC der Spurensicherung und technische Aspekte. Aber ist das Lesen von Fingerabdrücken nicht eine antiquierte Technik in Zeiten moderner DNA-Analyse? »Auf keinen Fall.« Haase schüttelt energisch den Kopf. »Daktyloskopie ist die schnellste, beste und sicherste Methode der Personenidentifizierung.«

Ishaq und seine Kollegen wollen ihre neuen Kenntnisse bald in ihrer Heimat anwenden. Erst muss das BKA in Ramallah, dem behördlichen Zentrum im Westjordanland, allerdings die technischen Voraussetzungen dafür schaffen und ein automatisiertes System zur Identifizierung von Fingerabdrücken installieren. »Gekauft ist die Anlage schon, aber sie muss noch von den Israelis genehmigt werden«, erläutert BKA-Koordinator Stefan Klein.

Die palästinensischen Polizeischüler wollen sich nicht zur politischen Lage in ihrer Heimat äußern. »No Comment«, sagt einer von ihnen. Nur so viel: Die palästinensische Polizei habe die Lage auf den Straßen im Griff, versichert einer. Der gerade mal 15 Jahre alte Sicherheitsapparat habe zuletzt viele Fortschritte gemacht. Organisierte Kriminalität gebe es im Westjordanland kaum, die meisten Delikte verüben Diebe und Einbrecher. »Die können sich jetzt warm anziehen«, sagt Ishaq.

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