nd-aktuell.de / 16.02.2011 / Politik / Seite 12

Wer war Johann Schütte?

Namensgebung in Zeesen kritisiert

Andreas Fritsche
In Königs Wusterhausen (Brandenburg) kritisiert das Bündnis gegen Rechts die Benennung eines Gewerbeparks. Der Streit dreht sich um den Luftschiffkonstrukteur Schütte.

Im Königs Wusterhausener Ortsteil Zeesen ist ein Gewerbepark nach dem Pionier der Luftfahrt Johann Heinrich Schütte und nach dem Landmaschinenhersteller Karl Lanz benannt. Frank Rauhut vom lokalen Bündnis gegen Rechts ist damit nicht einverstanden. Für ihn ist der Luftschiffkonstrukteur Johann Schütte ein gewissenloser und profitgieriger Rüstungsproduzent und zuletzt auch ein Faschist gewesen. Die Namensgebung sei »fatal« und müsse korrigiert werden, fordert Rauhut.

Die Benennung erfolgte 2007, als Stefan Ludwig (LINKE) Bürgermeister war. Diesem und den Stadtverordneten möchte Rauhut aber keine Vorwürfe machen. Die notwendigen Informationen seien damals nicht leicht zu beschaffen gewesen. Das Bündnis gegen Rechts möchte aufklären und brachte zu diesem Zweck eine Broschüre heraus. Kernpunkt der Vorwürfe: Schütte sei quasi der Vater des ersten strategischen Bombers der Weltgeschichte und habe damit die Grundlage gelegt für die Bombardierung Londons 1915 sowie spätere Tragödien wie die Zerstörung von Guernica 1937, Rotterdam 1940 und Dresden 1945.

Zwar produzierte die Firma Schütte-Lanz im Ersten Weltkrieg lediglich 22 Luftschiffe, von denen bloß zwei auf der Werft in Zeesen entstanden. Doch Schütte hatte die Stromlinienform beachtet und so die bessere Steuerung von Luftschiffen erreicht. Das Prinzip wurde auch auf viele Luftschiffe des Grafen Zeppelin angewandt. Etwa 200 deutsche Luftschiffe flogen bis 1918 über 50 Kriegseinsätze gegen England. Sie warfen 5800 Bomben ab und töteten 550 Menschen.

Symposium im April

Nach der Machtübernahme der Nazis notierte der Hochschuldozent Schütte auf einer Karteikarte des Nationalsozialistischen Lehrerbundes: »Ich habe bisher keiner politischen Partei angehört, war aber stets ›rechts‹ orientiert. Der NSDAP stehe ich seit Juni 1931 nahe.« 1938 durfte sich Schütte ins Goldene Buch seiner Geburtsstadt Oldenburg eintragen: »Das Großdeutschland unseres Führers Adolf Hitler auch in der Luft voran.«. Der Eintrag wurde 1948 gelöscht.

Indes bestehen Zweifel, ob die Einschätzung Rauhuts nicht vielleicht überzogen ist. Schütte schlug als Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft ohne Zweifel nationalistische Töne an, doch das taten in seiner Zeit viele fachlich anerkannte Wissenschaftler. Die Gleichschaltung der Schiffbautechnischen Gesellschaft sei ohnehin nicht zu verhindern gewesen, heißt es. Voraussichtlich im April will die Stadt Königs Wusterhausen zu dem Thema ein öffentliches Symposium veranstalten.