nd-aktuell.de / 16.02.2011 / Kultur / Seite 8

Pinzette

Zarganar / Der Komiker aus Birma erhielt gestern den Bremer Solidaritätspreis

H.-D. Schütt
Personalie: Pinzette

Eine böse Pointe, ein grausamer Witz, es ist alles andere als zum Lachen: Für 35 Jahre soll Zarganar, beliebtester Komiker Birmas (heute Myanmar), im Gefängnis bleiben. Das Regime bucht dies sogar noch unter Gnade: Vorgesehen waren 59 Jahre. Der studierte Zahnarzt hat die protestierenden Mönche des Landes unterstützt, er attackierte in Interviews immer wieder die Regierung, er ließ sich schließlich vom britischen Dokumentaristen Rex Bloomstein porträtieren. Ein Film, in dem Zarganar offen seine dissidentischen Positionen offenbarte. In die Welt kam der Film durch einen Akt der Solidarität: Der deutsche Comedian Michael Mittermeier, seit Jahren ein unverwandter Helfer für Waisenhäuser Birmas, beteiligte sich finanziell, durfte jedoch nicht bei den Dreharbeiten mitwirken: Zensur und Polizei setzten Grenzen, schikanierten, sabotierten.

Zarganar, 1961 geboren, ist ein Intellektuellen-Kind. Die Ausbildung an Eliteschulen führte nicht zur sozialen Verkapselung, sondern sensibilisierte für den Widerspruch zwischen prunkender Oberschicht und traumatisierten Elenden. Zarganar beteiligte sich an Alphabetisierungskampagnen, zugleich entdeckte der Mediziner seine Ader für die Kunst: Er tanzte, spielte Theater, wurde zum Komödianten, dessen Künstlername »Pinzette« Sinnbild seiner ästhetischen Spitzfindigkeit wurde.

Lange Zeit erstaunte seine begnadete Eleganz, den Unterhaltungswert seiner Komik mit gallig-giftiger Kritik an politischen Zuständen zu verbinden. Er legte bloß und verbarg gleichermaßen, er riss auf und verklausulierte, bewies Rückgrat und schien im nächsten Moment aus Gummi zu sein – Spieler und Agitator, Kabarettist und Gaukler; mit landesweit bekannter Wendigkeit schlug seine leichte Muse zu und – Haken.

1988 wurde er erstmalig eingekerkert, er hatte am nationalen Aufstand teilgenommen. Nach sechs Jahren Haft kam er in beschränkte Freiheit: Er durfte schreiben, drehen, produzieren, aber nur unter Bewachungen öffentlich auftreten. Komödienrollen fielen zeitweise unter ein grundsätzliches Tabu. Als er wieder auftrat, hatte er mit dem Regime nur wieder Auftritte. Der schönste als der bitterste Lohn: untragbar zu sein für Mächtige. Und ohnmächtig in Haft zu sein.