nd-aktuell.de / 21.02.2011 / Brandenburg / Seite 14

Goebbels und seine Gegner

Andreas Fritsche

Der katholische Pfarrer August Froehlich wollte sich beschweren über die unmenschliche Behandlung polnischer Zwangsarbeiterinnen in der Emil Busch AG. Darum begab er sich in die Führungsetage des Rathenower Optikbetriebs. Dort geriet er an den für Personalfragen zuständigen Heinrich Meierkord. Der war SA-Sturmbannführer und sorgte dafür, dass Froehlich im KZ landete. Die SS misshandelte den mutigen Pfarrer, ermordete ihn 1942 in Dachau.

Angeregt von der Berliner Topografie des Terrors auf dem einstigen Gelände der Gestapozentrale schrieb Dieter Seeger eine »Rathenower Topografie des Terrors und des Widerstands«. Dazu entwickelte er vier Stadtrundgänge. Die Linkspartei brachte die Broschüre heraus.

Bereits 1932 hatte Joseph Goebbels den »scharfen Hund« Wilhelm Borchers als NSDAP-Kreisleiter nach Rathenow geschickt. Ein Foto zeigt beide bei einem Naziaufmarsch am 17. Juni des betreffenden Jahres in der Stadt. Borchers ging alsbald daran, schwarze Listen zu erstellen. In der Weimarer Republik regierten die Sozialdemokraten in Rathenow und die KPD hatte eine starke Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Mit den schwarzen Listen bereitete sich die NSDAP darauf vor, die beiden Arbeiterparteien zu enthaupten, sobald Hitler ans Ruder kommt. Gleich bei der ersten Verhaftungswelle verschleppten SA, SS und Stahlhelm 14 Kommunisten ins Polizeigefängnis. Bald kamen auch Sozialdemokraten, der jüdische Kantor Max Abraham und bürgerliche Demokraten dran.

Nach der Gründung der NSDAP-Ortsgruppe 1926 übernahm zunächst Ludwig Schunke, aber bald darauf Erich Daluege den Chefposten. Sein Bruder Kurt Daluege stieg nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich zum Reichprotektor von Böhmen und Mähren auf und zeichnete verantwortlich für das Massaker von Lidice.

Als frühes Sprachrohr der Faschisten diente die »Westhavelländische Tageszeitung« aus dem Verlag von Walter Babenzien. Sie schluckte 1934 die einstmals liberale »Rathenower Zeitung«.

In der Rathenower Nordsiedlung wohnte der Sozialdemokrat Richard Schwichtenberg. Er arbeitete ab 1942 in der Tischlerwerkstatt des Zuchthauses Brandenburg. Dort versorgte er politische Gefangene mit Lebensmitteln und Nachrichten. Er half auch dabei, das politische Testament des berühmten kommunistischen Widerstandskämpfers Anton Saefkow aus dessen Todeszelle zu schmuggeln.

Autor Dieter Seeger liefert in seiner Schrift ein Personenverzeichnis von Antifaschisten und Opfern sowie von Tätern des Faschismus. In seine Rundgänge bezieht er die alten Fabrikantenvillen mit ein. So zeigt er, wie Unternehmer den Aufstieg der Nazis unterstützten, ihn finanziell erst möglich machten.

Dieter Seeger: »Rathenower Topografie des Terrors und des Widerstands 1933-1945«, hrsg. vom Stadtvorstand der LINKEN, 124 Seiten (brosch.)