nd-aktuell.de / 04.03.2011 / Politik / Seite 13

Besuch im Bioenergiedorf

Nordosten soll Strom-Selbstversorger werden

Grit Büttner, dpa
Ein Mecklenburger Dorf am Schaalsee macht es vor. Mais, Mist und Gülle sorgen für warme Häuser und sauberen Strom. Unabhängigkeit vom Erdöl strebt auch die SPD in Mecklenburg-Vorpommern an.

Neuhof. Eine frische Brise wehte am Mittwoch in Neuhof am Schaalsee (Landkreis Ludwigslust) Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) um die Ohren, als er sich im ersten Bioenergiedorf eines deutschen Biosphärenreservates umsah. Mit Wind, Sonne und Biogas wollen die Sozialdemokraten den Nordosten unabhängig vom Erdöl machen. Auch angesichts der Konflikte in Libyen plädierte Sellering für eine weitgehende Nutzung erneuerbarer Energien. »Wir brauchen Offshore-Windkraftanlagen für die Mengen und zugleich dezentrale Kleinanlagen«, sagte er.

Rüben, Gras und Gülle

Stromnetze und Speicher müssten ausgebaut werden, um künftig nicht nur den Eigenbedarf decken, sondern Energie auch exportieren zu können. Nach dem neuen energiepolitischen Leitbild der SPD-Landtagsfraktion soll Mecklenburg-Vorpommern ab 2020 seinen kompletten Strombedarf und bis zur Hälfte seines Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien gewinnen. Auch Technologien für die Nutzung von Energie aus Wind, Sonne und Biomasse sollten in Mecklenburg-Vorpommern hergestellt werden, so Sellering. »Das ist ein sehr arbeitsintensiver Bereich«, sagte er. Die Zahl der Arbeitsplätze könnte in der Branche von derzeit 6000 in zehn Jahren auf mehr als 20 000 wachsen.

Das Bioenergiedorf Neuhof expandiert. Seit zwei Jahren produziert es mit einer Biogasanlage aus Mais, Rüben, Gras, Mist und Gülle der umliegenden Bauernhöfe sauberen Strom, während die Abwärme kostengünstig 50 der 80 Häuser im Dorf heizt.

Fünf Millionen Haushalte

Ende 2010 schloss sich das benachbarte Neuenkirchen über eine Biogasleitung für die eigene Strom- und Wärmeproduktion an, 2011 soll Bantin als weitere Satelliten-Siedlung ans Bionetz gekoppelt werden, erklärte Investor Bernhard Leclaire, Chef der Bioenergie Neuhof GmbH. Bislang wurden 11,4 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, dazu 3,3 Millionen Kilowattstunden Wärme. Insgesamt wurden mehr als 8000 Tonnen Kohlendioxid eingespart.

Laut einer Prognose des Fachverbandes Biogas in Freising bei München werden bundesweit 2011 rund 6800 Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von 2500 Megawatt installiert sein. Sie sollen 17 Millionen Megawattstunden (MWh) Strom für knapp 5 Millionen Haushalte produzieren.