nd-aktuell.de / 04.03.2011 / Politik / Seite 1

EU verspricht mehr Flüchtlingshilfe

Libyen: Anhaltende Kämpfe und Fluchtbewegungen / Brüssel und Berlin erhöhen Zusagen

Der Appell des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, hunderte Flugzeuge zur Rettung von Flüchtlingen an der libysch-tunesischen Grenze zu entsenden, verhallte nicht ungehört. Die internationale Gemeinschaft hat eine Hilfsaktion für Libyen-Flüchtlinge gestartet.

Berlin/Tripolis (Agenturen/ND). Die Europäische Union hat ihre humanitäre Hilfe für Flüchtlinge aus dem zwischen Aufständischen und Regierungstruppen umkämpften Libyen verdreifacht. Die für Katastrophenhilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa kündigte am Donnerstag bei einem Besuch an der tunesisch-libyschen Grenze eine Aufstockung der Unterstützung der EU-Kommission von derzeit 10 auf 30 Millionen Euro an. Mit dem Geld sollen Zelte, Nahrungsmittel und medizinische Versorgung bereitgestellt werden.

Auch Deutschland erhöht seinen Hilfsbeitrag. In Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR »werden wir in den nächsten Tagen etwa 4000 Flüchtlinge mit deutscher Unterstützung nach Ägypten bringen können«, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Rande des Visegrad-Treffens mit den Staaten der Östlichen Partnerschaft in Bratislava. Westerwelle zufolge soll der Einsatz am Freitag beginnen. Das Auswärtige Amt gab bisher 2,8 Millionen Euro zur Verbesserung der humanitären Lage in Libyen und der Grenzregion. Zudem finanziert es zehn Charterflüge für den Transport von etwa 1900 Flüchtlingen.

Nachdem in den ersten Tagen nach Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi vor allem tunesische und ägyptische Gastarbeiter mit ihren Familien den Grenzübergang Ras Jdeir überquert hatten, fliehen inzwischen auch die Ärmsten der Armen: Afrikaner, die illegal nach Libyen eingewandert waren und keine Ausweispapiere haben, und 18 000 Arbeiter aus Bangladesch, die – weil ihr Land keine Botschaft in Tunesien hat – nicht wissen, wie sie nach Hause kommen sollen. Die Zahl der Flüchtlinge aus Libyen ist inzwischen auf mehr als 180 000 gestiegen. Das bestätigte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Melissa Fleming, am Donnerstag in Genf.

Wie dringend rasche Soforthilfe ist, weiß das Rote Kreuz. Mitarbeiter des Internationalen Komitees können sich inzwischen relativ sicher im Osten Libyens bewegen. Um Bengasi herum wird vor allem medizinische Hilfe gebraucht. Nun verhandle man, um Zugang zu den östlichen Landesteilen zu erhalten. Auch im Grenzgebiet zu Tunesien mangle es an allem. Bereits am Mittwoch wurden sechs Mitarbeiter nach Libyen, Tunesien und Malta entsandt. Sie sollen das Rote Kreuz oder den Roten Halbmond vor Ort bei der Versorgung der bedürftigen Menschen unterstützen. Eine Chirurgin, eine Anästhesistin und zwei Krankenschwestern werden in Bengasi in Libyen eingesetzt.

Unterdessen deutet in Libyen immer mehr auf einen langwierigen Bürgerkrieg zwischen Gaddafis Truppen und den Rebellen hin. US-Außenministerin Hillary Clinton befürchtet angesichts der blutigen Unruhen Verhältnisse wie im chaotischen Somalia.

Die NATO hat nach den Worten ihres Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen nicht die Absicht, in Libyen militärisch einzugreifen – das Bündnis plant jedoch vorsorglich auch für diesen Fall. Er antwortete damit auf die Frage, wie das Bündnis auf den Ruf von Gegnern Gaddafis nach Einrichtung einer Flugverbotszone reagiere. Der NATO-Generalsekretär fügte hinzu: »Wir verfolgen und beobachten die Lage genau. Und wir nehmen zur Kenntnis, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrates den Einsatz von Streitkräften nicht vorsieht.«