nd-aktuell.de / 16.03.2011 / Kultur / Seite 14

Rotstift bedroht Cinecittà

Italien

Anna Maldini, Rom

Dem finanziellen Kahlschlag in der italienischen Kultur droht jetzt ein weiteres historisches Erbe zum Opfer zu fallen: Cinecittà, die »Filmstadt« in Rom, das Filmarchiv »Luce« und die Filmhochschule müssen schließen, wenn der italienische Staat seine Drohungen wahr macht und die Gelder noch weiter kürzt. Anfang dieses Jahrtausends erhielt Cinecittà jährlich noch 20 Millionen Euro, im vergangenen Jahr wurde diese Summe dann auf 17 Millionen gekürzt. Und nun wurde bekannt, dass dieses Jahr noch mal gerade 7,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden, was noch nicht einmal ausreicht um die laufenden Gehälter zu bezahlen. Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti, der für den Satz »Kultur kann man nicht essen« berühmt geworden ist, setzt seinen Rotstift weiter bei allen kulturellen Einrichtungen an, die Italien in der Welt berühmt gemacht haben.

In Cinecittà, einst das größte Filmstudio Europas, drehten Regisseure wie Roberto Rossellini, Vittorio De Sica, Luchino Visconti und Sergio Leone und hier entstanden alle Filme von Federico Fellini (im Bild Giulietta Masini in »La Strada«, Foto: Archiv). Die Kameramänner, Beleuchter und das gesamte technische Personal der Studios waren für ihr Können weltberühmt, so dass auch Regisseure wie Martin Scorsese oder Mel Gibson Hollywood den Rücken kehrten, um in Rom zu drehen. Das alles wird jetzt möglicherweise endgültig der Vergangenheit angehören.

Kulturminister Sandro Bondi tut so, als hätte er mit der Kürzung der Mittel und der daraus folgenden Schließung nicht wirklich etwas zu tun: »Ich verstehe die Besorgnis und Enttäuschung der Kulturschaffenden, weil die Investitionen weiter abnehmen«, erklärte er. Und dann, so als sei er nicht Minister und überhaupt nicht verantwortlich: »Ich hoffe, dass mein Nachfolger die notwendige Autorität haben wird, diese Tendenz umzukehren.« Wohlgemerkt: Sandro Bondi ist der amtierende Kulturminister, und ob und wann er ausgetauscht werden wird, ist noch vollkommen offen.

Gegen diese kultur- und kunstfeindliche Politik gehen jetzt immer mehr Menschen auf die Straße, und auch unter Prominenten regt sich der Protest. Oscar-Preisträger Roberto Benigni erklärte: »Ich habe gehört, dass Cinecittà vielleicht schließen muss. Das ist eine wirklich schlechte Nachricht. Da drinnen befindet sich unsere Erinnerung, befinden sich unsere Träume, die für wache Menschen geschaffen wurden. Das ist unsere Geschichte. Wie kann man denn die Geschichte schließen?«