nd-aktuell.de / 17.03.2011 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 7

Staphylococcus im Visier

Bundesregierung billigt Gesetzentwurf gegen Krankenhauskeime

Silvia Ottow
Gestern hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für strengere Hygienestandards in Krankenhäusern gebilligt. Patienten sollen so künftig besser vor Infektionen geschützt und Hunderttausende Todesfälle verhindert werden.

Der methicillinresistente Staphylococcus aureus – kurz MRSA – tummelt sich auf der Haut oder in den oberen Atemwegen vieler Menschen, ohne dass diese es bemerken. Ist das Immunsystem des Betreffenden aber geschwächt, kann sich das Bakterium zum gefährlichen Killerkeim entwickeln. Es breitet sich aus und führt zu Hautinfektionen, lebensgefährlichen Herzkrankheiten, Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen. Der gefürchtetste aller im Krankenhaus erworbenen Keime ist gegen fast alle wichtigen Antibiotika resistent, das macht ihn so bedrohlich. Rund 600 000 Infektionen gehen jährlich auf sein Konto, 15 000 Menschen sterben daran.

Wird der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf nach der Beratung im Bundestag wie vorgesehen im Sommer Gesetz, sollen künftig alle Bundesländer Hygieneverordnungen erlassen. Bisher haben das nur 7 Länder getan. Mit der Aktion »Saubere Hände« versuchen Kliniken bereits jetzt, die hygienischen Zustände in ihren Häusern zu verbessern. Würden sich Ärzte und Pflegerinnen regelmäßig die Hände waschen, könnten schon mal 30 Prozent aller Krankenhausinfektionen vermieden werden, sagen Experten. Um dieses Ziel durchzusetzen, sieht der Gesetzentwurf die Einstellung von 413 zusätzlichen Hygienebeauftragten in den Kliniken und 71 Ärzten mit Hygieneaufgaben vor. Sie sollen für saubere Abläufe in den insgesamt rund 2100 Krankenhäusern sorgen. Allerdings würde das rund 76 Millionen Euro kosten. Während das Gesundheitsministerium davon ausgeht, dass es durch die Vermeidung von Infektionen Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe gibt, wollen die Kliniken Geld für das zusätzlich verlangte Fachpersonal. Sie sind bereits jetzt verpflichtet, ihre Hygienestandards in bestehenden Qualitätsberichten öffentlich machen – die entsprechenden Passagen sind für Patienten allerdings schwer zu finden beziehungsweise zu verstehen. Patienten sollen Antibiotika wie verordnet bis zum Schluss der Therapie einnehmen, so dass keine gestärkten Erreger übrig bleiben. Überflüssige Antibiotikabehandlungen sollen eingedämmt werden, damit weniger resistente Keime entstehen. Niedergelassene Ärzte sollen für Checks auf resistente Keime besser bezahlt werden. Dem Robert-Koch-Institut werden Therapieempfehlungen für das Vorgehen gegen multiresistente Keime abverlangt.

Die LINKE im Bundestag sieht sich in ihren jahrelangen Bemühungen, ein Hygienegesetz auf den Weg zu bringen, bestärkt. Sie fordert wie einige Krankenkassen eine Meldepflicht für Klinikkeime, will eine Verordnungspflicht für die Bundesländer im Gesetz verankern, auf die der jetzige Entwurf verzichtet, und sieht die durch Personallabbau verursachte Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern als eine Ursache für Hygienemängel. Mit diesem Gesetz ist den Problemen nach ihrer Auffassung nicht beizukommen. So fehle die gesetzliche Verpflichtung zu einem obligatorischen Screening des Patienten bei der Aufnahme ins Krankenhaus, wie es in den Niederlanden erfolgreich praktiziert wird. Die Grünen bezeichnen das Gesetz als ein »Placebo« mit Zuverdienst für niedergelassene Ärzte. Kommentar Seite 10