nd-aktuell.de / 18.03.2011 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Ex-Päpstin

Birgit Fischer - die Krankenkassenvorsitzende wechselt in die Chefetage der Pharmalobby

Silvia Ottow

Da konnte die Krankenkasse mit 8,5 Millionen Versicherten noch so groß sein, das Gehalt zuletzt mit geschätzten 200 000 Euro pro Jahr noch so gut: Birgit Fischer zog es weg von der BARMER GEK, deren Vorstandsvorsitzende sie seit dem 1. Januar 2010 war.

Zum 1. Mai soll sie oberste Pharmalobbyistin werden. Fischer beerbt Cornelia Yzer als Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA), der man nachsagt, sie hätte nicht erfolgreich genug gegen die Arzneimittelgesetze von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) gekämpft, in deren Folge Pharmafirmen Krankenkassen mehr Rabatte gewähren mussten. Birgit Fischer dürfte also genau wissen, was man am Berliner Hausvogteiplatz von ihr erwartet. Es ist genau das Gegenteil von dem, was die 57-jährige Sozialdemokratin und Ex-Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen bisher tat, denn die von den Herstellern so erbittert bekämpften Krankenkassen, das war auch die BARMER, das war Birgit Fischer. Sie hat die Seiten so blitzartig gewechselt, dass die Kassenkollegen noch zwei Tage danach nicht recht wissen, was sie dazu sagen sollen.

Vor reichlich einem Jahr gab die Wechselwillige dem ND zu Protokoll, sie fordere ein Bündnis für Gesundheit, in dem alle Akteure zusammenkommen. »Mein Interesse ist es, für die Versicherten eine optimale Versorgung zu organisieren«, sagte sie. Als designierte vfa-Chefin fordert sie ebenfalls dieses Bündnis und die Sicherung der Versorgungsqualität für Patienten. Schon erstaunlich, wie anders man fast identische Formulierungen versteht, wenn der Mensch, der sie ausspricht, gestern noch die Kassen der Versicherten bewachte, heute aber zu denen gehört, die hineingreifen wollen.

Wie kann so etwas gehen? Ist es Profilierungssucht, Lust auf neue Herausforderungen, Machtstreben, Gier nach mehr Geld oder ein Mix aus allem? FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach fragt sich, ob Fischer noch irgendeine politische Überzeugung hat und vergleicht ihren Schritt mit einem Papst, der zu den Atheisten geht. Wenn schon, dann aber Päpstin, Frau Flach! Die BARMER indes schickt ihrer Ex-Päpstin warme Worte hinterher, es kann nicht schaden, wenn man einen guten Draht zur Pharmabranche hat.