nd-aktuell.de / 11.04.2011 / Politik / Seite 5

AKW-Gegner ketten sich am Kraftwerkstor fest

Anti-Atom-Bewegung verschärft ihre Proteste / Polizei beendete Aktion nach mehreren Stunden

Reimar Paul
Gestern ketteten sich Aktivisten am Haupttor des niedersächsischen AKW Grohnde fest. Für Ostermontag sind Großdemonstrationen an zwölf Atom-Standorten geplant, dabei sollen die Anlagen auch »umzingelt« werden.

Die Aktion in Grohnde war heimlich vorbereitet worden, die Polizei wurde davon offensichtlich überrascht. Um elf Uhr fuhren ein Dutzend AKW-Gegner in vier Autos am Kraftwerksgelände vor. Die Umweltschützer liefen aufs Tor zu, und ehe sich der verdutzte Werkschutz versah, hatten sich vier Männer und zwei Frauen mit Ketten und selbst gebauten Bügelschlössern an dem metallenen Streben des Zufahrttores festgemacht (Foto: R. Paul).

Andere Atomkraftgegner setzten sich mit Transparenten auf die vorbeiführende Straße. »Geschlossen gegen Atomkraft« stand darauf, »jetzt abschalten« oder »e.off« – der Stromkonzern E.on ist Betreiber des 1300-Megawatt-Reaktors Grohnde. An der Ankett-Aktion in Grohnde beteiligten sich insgesamt etwa 20 Personen, darunter auch mehrere Bio-Landwirte aus Südniedersachsen und Hessen. Er mache »aus persönlicher Betroffenheit« und wegen seiner Enkelkinder mit, sagte Bauer Ludwig Pape. Die schrecklichen Ereignisse in Japan zeigten, dass der Betrieb der Kernkraftwerke unverantwortlich und gefährlich sei. Außerdem wisse niemand, »wo der Atommüll gelagert werden kann«.

Nach einer Viertelstunde trafen die ersten Streifenwagen am Kraftwerkszaun ein. Die Beamten forderten die Demonstranten zunächst vergeblich auf, ihre Blockade zu beenden – es handele sich offensichtlich um eine geplante und damit nicht um eine zulässige spontane Versammlung. Dann telefonierte die Einsatzleitung einen Technischen Zug der Feuerwehr herbei. Mit dessen Hilfe durchtrennten die Polizisten die Ketten und Metallbügel, mit denen sich die Umweltschützer am Tor festgemacht hatten. Zwei AKW-Gegner, deren Arme in Metallrohren steckten, beendeten ihren Protest freiwillig.

Alle an der Aktion beteiligten Demonstranten mussten sich anschließend auf dem Revier einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen. Auf sie warten wohl auch Strafverfahren. E.on habe bereits Strafantrag gestellt, sagte ein Polizeisprecher.

Das Atomkraftwerk Grohnde ist seit 1985 in Betrieb. Nach den bislang nicht zurückgenommen Plänen für eine Laufzeitverlängerung soll es erst 2032 vom Netz gehen. Wie die »alten« AKW ist auch Grohnde nicht gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges geschützt. Zudem droht im Falle eines Risses in den Kühlleitungen Isoliermaterial das Ansaugen von neuem Kühlwassser zu behindern.