Kulturelle Höhepunkte auf der Heidecksburg in Rudolstadt

Tanz- und Folkfestival sowie Sommertheater mit Gogols »Revisor«

  • Andreas Hummel
  • Lesedauer: 5 Min.

Deutschlands größtes Weltmusikfestival TFF in Rudolstadt wird in diesem Jahr auf vier Tage verlängert. Damit reagieren die Organisatoren auf die steigende Besucherzahl – im vergangenen Jahr waren es fast 72 000. Das Festival platzte im vergangenen Jahr aus allen Nähten. Durch den zusätzlichen Tag soll das Programm mit mehr als 1000 Künstlern auf etwa 20 Bühnen entzerrt werden. Zudem soll die Staugefahr bei der Anreise der Besucher sinken, sagte Petra Rottschalk von der Festivalleitung gegenüber Journalisten.

Vom 30. Juni bis 3. Juli werden etwa das schwedische Frauen-Quartett Kraja und die Balkanbeat-Gruppe Kiril erwartet. Zudem werden die mit insgesamt 7500 Euro dotierten Weltmusikpreise »Ruth« vergeben. Einerseits freuen sich die Organisatoren über den seit Jahren wachsenden Besucherzuspruch. Andererseits hätten die Ereignisse bei der Loveparade in Duisburg – wo im vergangen Jahr 21 Menschen bei einer Massenpanik starben – aufgerüttelt, sagte Rottschalk. Als Konsequenz daraus – und den zunehmenden Engpässen bei Übernachtungen – werde die Zahl der Dauerkarten erstmals auf rund 19 000 limitiert. Auch werde der Preis von 50 auf 64 Euro erhöht. »Wir haben seit fünf Jahren die Preise für Besucher nicht erhöht, die Kosten sind aber gestiegen.« So habe der Künstleretat aufgestockt werden müssen. Der Kartenvorverkauf startete am 11. April. Länderschwerpunkt des Festivals ist in diesem Jahr die Schweiz. So werde etwa »verschollene, archaische Schweizer Geigenmusik« mit den Helvetic Fiddlers geboten, ebenso wie Mundartrock und Jodel-Musik aus dem Alpenland. Die Thüringer Symphoniker bringen mit dem Bandoneon-Solisten Juan José Mosalini Tango-Rhythmen zu Gehör. Zu erleben ist auch der Folk-Gitarrist Martin Simpson und die sizilianische Mestizo-Band Roy Paci & Aretuska. Zum zehnten Mal wird in diesem Jahr der Weltmusikpreis »Ruth« vergeben.

Für sein Lebenswerk geehrt wird Klaus der Geiger, laut Jury Deutschlands wohl bekanntester Straßenmusiker. »Mit seinen oft spontan getexteten Gebrauchsliedern pflegt er hartnäckig und manchmal ganz schön schräg, aber auf wunderbar konsequente Weise diese Urform der musikalischen Alltagskultur und bewahrt sich und anderen ein Stück innere Unabhängigkeit«, hieß es zur Begründung. Die »Globale Ruth« geht an das Duo Fjarill, die »Deutsche Ruth« an Hubert von Goisern aus Bayern. Mit der »Ruth für besondere Expertise« wird die Redakteurin des Deutschlandradios Kultur, Hanni Bode, geehrt, die sich seit Jahrzehnten hartnäckig für Weltmusik im Radio stark gemacht habe.

Der Tanz des Jahres ist 2011 der Walzer, zum »Magischen Instrument« wurde die Harfe gekürt. Das Folkfest erlebt nunmehr seine 21. Auflage. Die Wurzeln reichen freilich bis in die 1950er Jahre zurück. Damals wurde das von DDR-Ideologie geprägte Fest des Deutschen Volkstanzes als Gegenpol zur »amerikanischen Unkultur« initiiert; 1991 wagte Rudolstadt mit neuem Konzept den Neustart. Seither hat es sich zu Deutschlands größtem Festival für Weltmusik gemausert.

Gogol auf der Heidecksburg

Vor der beeindruckenden Kulisse der Heidecksburg feiert am 18. Juni das Sommertheater des Theaters Rudolstadt Premiere. Aufgeführt wird ein Meisterwerk der russischen Theaterliteratur: Nikolai Gogols grelle und herrlich böse Komödie »Der Revisor«. Das rasante Spiel um Lug und Trug, um Sein, Mein und Schein(e) inszeniert Intendant Steffen Mensching.

Das Stück spielt irgendwo in der Provinz: Die Beamten einer Kleinstadt geraten in helle Aufregung, als die Information durchsickert, dass ein Wirtschaftsprüfer aus der Hauptstadt inkognito die Verwaltung des Kreises überprüfen soll. Sofort stellt sich die Frage, wie den Amtsmissbrauch, den korrupten Filz und den Ruin der öffentlichen Kassen vertuschen? Zusätzliche Brisanz erhält das Gerücht, da zeitgleich im Wirtshaus ein feiner Herr Quartier bezogen hat und alle seine Rechnungen anschreiben lässt. Ist dies etwa der Staatsbeamte in Geheimmission? Der Fremde nimmt die Bestechungsversuche der Stadtoberen gerne entgegen. Kein Wunder, denn die Herren überbieten sich mit verlockenden Angeboten. Der Bürgermeister will ihm sogar seine Tochter verschachern. Kein Ende der heuchlerischen Machenschaften ist in Sicht, bis die Verwechslung auffliegt und der wahre Revisor in der Stadt eintrifft …

Nikolai Gogol nimmt in seiner Komödie die großen und kleinen Lügen und Abhängigkeiten unseres Alltags amüsant aufs Korn. Grandios weiß er Figuren und Situationen zu überzeichnen. Denn nichts ist so heilsam wie das Lachen und »nichts«, so der Schriftsteller, »fürchtet der Mensch mehr als das Gelächter«.

Seit vielen Jahren ist das traditionelle Sommertheater auf der Heidecksburg Anziehungspunkt für mehrere Tausend Besucher aus der ganzen Region. Für das Theater Rudolstadt ist es der krönende Abschluss einer jeden Theatersaison.

Der Rudolstädter Intendant Steffen Mensching knüpft seine persönliche Zukunft an den Erhalt des Theaters in seiner jetzigen Form. »Für mich hat das Theater nur Sinn mit Schauspiel und Orchester«, sagte er bei der Vorstellung des Spielplans 2011/2012. Die Finanzvereinbarung des Landes läuft Ende 2012 aus. In Rudolstadt wird befürchtet, dass der Freistaat seinen jährlichen Zuschuss von rund 2,4 Millionen Euro kürzt und damit die Thüringer Symphoniker abgewickelt werden müssen. Die kommende Spielzeit steht unter dem Schiller-Motto »Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.«

  • Informationen und Karten: Der Kartenvorverkauf im Online-Shop beginnt am 11. April und endet am 22. Juni 2011. Internet: www.tff-rudolstadt.de
  • Termin: 30. Juni bis 3. Juli auf der Heidecksburg Rudolstadt
  • Informationen und Karten unter Telefon (03672) 42 27 66, E-Mail: service@theater-rudolstadt.com und www.theater-rudolstadt.com.
  • Termine: 18., 19., 24. 25., 26. Juni und 8., 9. und 10. Juli, Beginn jeweils 19.30 Uhr, Heidecksburg Rudolstadt
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal