nd-aktuell.de / 18.04.2011 / Politik / Seite 5

Streit über Kosten der Energiewende

Angeblich 16 Milliarden Euro bis 2015 zusätzlich / Trittin: Minimalbelastung für Haushalte

Noch steht das neue Energiekonzept nicht, da wird schon über die Kosten des Atomausstiegs gestritten. Je nach Interessenlage werden unterschiedliche Rechnungen aufgemacht.

Berlin (dpa/ND). Zwischen Atom-Gegnern und -Befürwortern ist Streit über die Kosten der Energiewende ohne Kernenergie ausgebrochen. Union und FDP gehen von mehreren Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr aus. Die Grünen rechnen dagegen mit einem moderaten Preisanstieg für Strom. Der Berater des Umweltministeriums in Sachen Nuklear-Entsorgung, Michael Sailer, fordert bei der Neubewertung der Atomenergie eine Regelung auch für die Atommüll-Endlagerung. In den nächsten 25 Jahren müsse man unbedingt »zu einem genehmigungsfähigen Projekt für ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle kommen«, so der Atomexperte.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) will bis Mitte Juni ein neues Atomgesetz mit einem festen Ausstiegsdatum. Die Endlagerung spielt dabei in der aktuellen Debatte eine untergeordnete Rolle.

Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte am Sonntag, würden alle Kosten und staatlichen Förderungen einberechnet, sei Atomstrom zum Beispiel doppelt so teuer wie Wasserkraft. Nach einer Studie kostet eine Kilowattstunde Windstrom 7,6 Cent, Wasserstrom 6,5 Cent, Kohlestrom 12,1 und Atomstrom 12,8 Cent. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte dem »Tagesspiegel am Sonntag«, selbst nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums werde jeder deutsche Haushalt nur mit 1,50 Euro pro Monat zusätzlich belastet. Die konventionellen Energien verursachten versteckte Kosten, die auf der Rechnung nicht auftauchten, so Greenpeace.

Zur Finanzierung von befürchteten Preissprüngen für Strom lehnt Schwarz-Gelb Steuererhöhungen oder ein neues Sparpaket ab. Die FDP wolle das Geld an anderer Stelle im Etat einsparen, sagte ihr designierter Partei-Chef Philipp Rösler der »Passauer Neuen Presse«. Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle versicherte: »Ein neues Sparpaket ist nicht notwendig. Steuererhöhungen schließe ich aus.« Nicht ausschließen wollte er höhere Strompreise. Mehrkosten der Energiewende müssten auch vom Verbraucher getragen werden. Die »Bild«-Zeitung schrieb unter Berufung auf Koalitionskreise, Experten von Union und FDP bezifferten die Kosten für einen raschen Ausstieg aus der Kernenergie allein bis 2015 auf rund 16 Milliarden Euro. Hinzu kommen Ausfälle bei der Brennelementesteuer.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, versuchen die Grünen, Verbrauchern und Wirtschaft Sand in die Augen zu streuen, wenn sie so täten, als sei der Energieumstieg praktisch zum Nulltarif zu haben. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn verlangte dagegen: »Die hysterische Debatte muss dringend mit konkreten Zahlen versachlicht werden.«

Am heutigem Montag kommt die von der Bundesregierung eingesetzte Ethik-Kommission zu ihrer ersten Klausur zusammen.