nd-aktuell.de / 27.04.2011 / Ratgeber / Seite 7

Urteile: Von der Bank falsch beraten?

Erster Fall: Erwerb einer Fondsbeteiligung rückgängig machen. Die Bankkundin hatte bei ihrem Kreditinstitut schon mehrmals Geld angelegt (Aktienfonds, Immobilienfonds etc.). Bei einem Beratungsgespräch 2009 empfahl ihr der Bankberater die Beteiligung an einem Fonds, der in der Bio-Energiebranche investiert. Die Anlegerin erwarb eine Kommanditanlage von 12 000 Euro. Das Beratungsgespräch wurde per Protokoll dokumentiert.

Nach einigen Monaten verklagte die Frau die Bank und wollte wegen sinkender Rendite die Fondsbeteiligung rückgängig machen. Nun behauptete sie, der Berater habe die Risiken im Beratungsgespräch heruntergespielt und ihr keinen vollständigen Verkaufsprospekt zum Immobilienfonds gegeben. Dabei habe für sie die Sicherheit der Anlage oberste Priorität gehabt.

Diese Darstellung wurde von der Bank bestritten. Die Kundin sei auf das Risiko des Totalverlusts und auch auf die sinkende Einspeisevergütung in der Bio-Energiebranche hingewiesen worden, welche die Fondserträge schmälerte. Es sei ihr in erster Linie darauf angekommen, ihr Kapital zu streuen.

Das Landgericht Coburg kam zu dem Schluss, die Anlegerin sei nicht so unbedarft, wie sie sich vor Gericht dargestellt habe, und wies ihre Klage ab (Urteil vom 23. Februar 2010, Az. 11 0 690/09). Die Frau habe schon vielfach Geld in Fonds der unterschiedlichsten Risikoklassen angelegt.

Im Beratungsprotokoll werde ihre »Anlegermentalität« als »ertragsorientiert« eingestuft. Dass die Bankkundin eine »äußerst sichere Anlage« gesucht habe, komme dagegen nicht vor. Laut Beratungsprotokoll habe sie den Fondsprospekt erhalten, in dem auch die Möglichkeit des Totalverlusts erläutert werde. Sowohl im Prospekt als auch im Beratungsgespräch sei auf Unsicherheit bei den Einspeiseerlösen in der Bio-Energiebranche hingewiesen worden. Von fehlerhafter Beratung durch die Bank könne im konkreten Fall keine Rede sein. Daher sei die Kundin nicht berechtigt, den Erwerb der Fondsanteile rückgängig zu machen.

Zweiter Fall: Verjährungsfrist für Ansprüche von Geldanlegern. Der Bankberater hatte einem Kunden, der fürs Alter vorsorgen und Steuern sparen wollte, 1999 eine Beteiligung an einem Immobilienfonds aufgeschwatzt. Im Beratungsgespräch fiel kein Wort über das Risiko des Totalverlusts der Geldanlage. Als die Fondsgesellschaft, in die der Kunde investiert hatte, 2006 pleite ging, verlor er 100 000 Euro.

Er verklagte die Bank wegen fehlerhafter Beratung auf Schadenersatz. Das Kreditinstitut fand den Vorwurf völlig unbegründet: Wenn der Kunde den Fondsprospekt gründlich gelesen hätte, hätte er über das Risiko Bescheid gewusst. Außerdem sei die Forderung verjährt, der Kauf der Fondsanteile schon sieben Jahre her.

Wenn jemand als Altersvorsorge Geld anlegen wolle, dürfe man ihm keine Unternehmensbeteiligung vermitteln, erklärte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 8. Juli 2010, Az. III ZR 249/09). Das sei zu riskant. Der Anlageberater könne sich auch nicht damit entschuldigen, dass der Kunde den Prospekt hätte lesen müssen. Über Risiken müsse auch der Berater informieren.

Verjährt sei der Anspruch des Kunden noch nicht: Normalerweise beginne zwar die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche von Anlegern mit dem Datum der Geldanlage zu laufen – in Fällen wie diesen aber erst mit der Erkenntnis des Bankkunden, falsch beraten worden zu sein und deshalb Schadenersatzansprüche geltend machen zu können. Das falle zeitlich mit der Realisierung des Totalverlust-Risikos zusammen.

Anders läge der Fall, wenn der Kunde grob fahrlässig das Risiko ignoriert hätte. Es sei jedoch nicht unverzeihlich nachlässig von einem Kunden, den Fondsprospekt nicht so genau zu studieren: Schließlich seien Emissionsprospekte für Laien keine »leicht durchschaubare Materie«. Gerade deshalb ließen sie sich durch einen Fachmann beraten.