nd-aktuell.de / 30.04.2011 / Kultur / Seite 25

Luft und Wasser

Shakespeare-Tage

Wenn schon Kaufhaus, dann Shakespeare. Wenn schon Shopping als Event, dann ihn: in jeder Etage mehr Angebot, als Nachfrage erzeugen kann. Oder erzeugen will. Denn Shakespeare ist das Haus für Selbsterkenntnisse, und Nachfrage lässt automatisch nach, wenn dem Nachfragenden die Gefahr der Selbsterkenntnis droht. Shakespeare bietet stärkste Selbsterkenntnis an: Knie dich noch so tief ins Leben, du kriegst nicht raus, was es ist. Und du kriegst auch dich selber nicht raus aus dem, was so verwirrt, sich so verirrt – in Sommernachtsträumen oder auch in Wintermärchen.

Beistehendes Foto, Luft- und Lustgeist Prospero, stammt aus einer aktuellen Inszenierung von Shakespeares »Der Sturm«, am Theater Regensburg. Und dieses luftige, traurige, träumende Stück bestimmt wesentlich die diesjährigen Shakespeare-Tage am jetzigen Wochenende in Weimar. 350 Fachleute im Disput über Seefahrt, Schiffbruch und sonstig maritime Abenteuer bei Shakespeare – sofort überfällt einen die Lust an der Ungerechtigkeit: Experten sind die Feinde des Erlebnisses; man kann sich bekanntlich derart gründlich aufs Theater vorbereiten, dass es dann bloß noch unglücklicher Prüfling für das eigene feste Wissenskonstrukt ist ...

Schiffe stranden (»Was ihr wollt«), Schiffe als Straftransport (»Hamlet«), Flotten als Schicksalsgefährte (»Othello«) – Shakespeare spielt tolldreist mit den Elementen, der Kurs zielt auf eine Bewegung, von der man nur sagen kann, was wohl sehr weise ist: Man kann an zwei Tagen nicht derselbe Mensch sein. Du fährst immer wieder auf etwas zu, das das Puzzle Existenz vergrößert und also verrätselt.weiter verrätselt. Shakespeare: Nichts ist durchleuchteter, nichts weiterhin so unerforscht. Nun tagen wieder die Forscher. Hinterher wissen sie mehr. Wieviel davon ist Meer ... hds