nd-aktuell.de / 03.05.2011 / Politik / Seite 1

Appell an gute Nerven in der Linkspartei

Sondertreffen mit Landesvorsitzenden vereinbarte in »schwieriger Phase« inhaltliche Schwerpunkte

Die Linkspartei bemüht sich, durch inhaltliche Arbeit wieder in die Offensive zu kommen. Bei einem außerordentlichen Treffen des Vorstands mit den Landesvorsitzenden einigte man sich auf Schwerpunkte.

Berlin (ND-Kalbe). »Der Zustand der Partei könnte besser sein«, lautet die Zustandsbeschreibung von Klaus Ernst. Man habe sich geeinigt, die Situation als Chance für einen Neuanfang zu nutzen, sagte der Parteivorsitzende am Rande eines außerordentlichen Treffens mit den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der Partei am Montag in Berlin. An dem Treffen nahm auch der saarländische Linksfraktionschef Oskar Lafontaine teil.

Am Wochenende war bereits der Vorstand zu einer außerordentlichen Beratung in Berlin zusammengekommen. Der dort verabschiedete Beschluss enthält die Einschätzung, die LINKE befinde sich »in einer schwierigen Phase, die wir nur gemeinsam überwinden können. Dazu braucht man Ausdauer, dazu braucht man Disziplin, dazu braucht man gute Nerven, dazu braucht man Zusammenarbeit ...«

Um nach den selbstzerstörerischen Debatten der letzten Wochen und Monate wieder in die Offensive zu kommen, soll sich die Partei auf ihre gemeinsame Idee besinnen – »die Idee einer gerechten Gesellschaft«. Zugleich ist dabei offenkundig eine Erweiterung des Blickfeldes vereinbart worden. Den gesellschaftlichen Debatten und Themen wolle man ein »linkes Gesicht« verleihen, wie Klaus Ernst formulierte. So führt der Vorstandsbeschluss vom Wochenende zum Thema »soziale Energiewende« das Ziel der Partei auf, »mit der Macht der Energiekonzerne zu brechen«. Deren Profite müssten der Finanzierung der Energiewende sowie der Finanzierung von Sozialtarifen für Menschen mit geringem Einkommen dienen. Die LINKE fordert die Wiedereinführung einer staatlichen Energiepreisaufsicht und den »sofortigen Einstieg in den Atomausstieg«. Außerdem wird das Ziel bekräftigt, für einen »radikalen Privatisierungsstopp« im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge zu wirken – die Rede ist von Energie, von Bildung, von Gesundheit, von Wohnungen, von Wasser und Abwasser, von kommunalen Betrieben: »Wir wollen endlich das Eigentum in den Besitz der Bürgerinnen und Bürger zurückgeben.«

Gesetzliche Mietobergrenzen und das Eindämmen von Immobilienspekulationen durch die Einführung einer Gewinnsteuer bei Weiterverkäufen sind ein weiterer Schwerpunkt auch in den künftigen Wahlkämpfen der Partei. Aufgeführt sind zudem »sichere und ausreichend bezahlte Arbeit zu menschenwürdigen Bedingungen«, die Einführung einer Millionärssteuer und die sofortige Beendigung des Krieges in Libyen sowie der Abzug aus Afghanistan. Im Beschluss werden »alle Genossinnen und Genossen« aufgerufen, den Wiedereinzug starker linker Fraktionen in die Bremische Bürgerschaft und in die Landtage Mecklenburg-Vorpommerns und Berlins zu unterstützen. Eine Umfrage sah die LINKE in Berlin zuletzt bei nur noch zehn Prozent.

Der Geschäftsführende wie der Erweiterte Vorstand hatten angekündigt, Möglichkeiten einer engeren Einbeziehung der Landesverbände in die Diskussions- und Entscheidungsprozesse des Vorstandes zu prüfen. Zu konkreten Vereinbarungen sei man zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht gekommen, teilte Klaus Ernst auf Nachfrage mit.