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Auch ein recht schmaler und schlechter Fahrradweg muss benutzt werden

Verkehrsrecht

  • Lesedauer: 4 Min.

Radfahren in der Innenstadt kann ein Abenteuer sein – vor allem dann, wenn die Radwege in schlechtem Zustand sind. Auf die Straße ausweichen dürfen die Radler dennoch nicht ohne Weiteres. Das entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem Urteil vom 6. April 2011 (Az. 11 B 08.1892).

Der Radweg müsse im Ausnahmefall sogar dann benutzt werden, wenn er nicht den Mindestanforderungen entspreche, heißt es im Urteil. Die Revision wurde nicht zugelassen.

In dem verhandelten Fall ging es um einen Radweg in München. Ein Radler hatte sich beschwert, dass der Radweg mit einer Breite zwischen 0,72 und 1,29 Metern viel zu schmal sei. Es seien mindestens 1,50 Meter vorgeschrieben. Der Kläger wollte deshalb auf die Straße ausweichen.

Die Richter lehnten sein Ansinnen ab. Die Verkehrslage an dieser Stelle sei ohnehin schon sehr gefährlich. Radler auf der Straße verschärften die Situation. Dem Radfahrer sei es deshalb zuzumuten, auf dem Radweg zu fahren, auch wenn dieser nicht ohne weiteres ausgebaut werden könne.

Gericht darf nicht nur einen Unfallbeteiligten hören

Bei einem Verkehrsunfall ohne Zeugen darf sich ein Gericht nicht nur auf die Aussage eines Unfallbeteiligten verlassen. Das geht aus einem am 14. April 2011 bekannt gewordenen Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken hervor (Az. 4 U 355/10).

Nach dem Richterspruch widerspricht ein solches Verhalten einem fairen Verfahren. Konkret verlangten die Richter, dass das Gericht beide Beteiligten zur Verhandlung lädt, anhört und sich erst dann sein Urteil bildet.

Das Gericht hob mit seinem Spruch ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken auf. Die Richter des Landgerichts hatten einen Fahrradfahrer dazu verurteilt, allein den Schaden aus dem Unfall mit einem Auto tragen zu müssen. Er sei so auf dem Gehweg geradelt, dass der aus einer Einfahrt kommende Autofahrer einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Das Landgericht stützte sich dabei allerdings allein auf Angaben des Autofahrers, da unbeteiligte Zeugen fehlten.

Dies beanstandete das OLG und bemühte dafür sogar die Europäische Menschenrechtskonvention, wonach ein faires Gerichtsverfahren gewährleistet sein müsse. Das OLG hörte daher beide Beteiligte und kam im konkreten Fall dazu, dass der Autofahrer 30 Prozent des Schadens tragen muss.

Anfahrender Autofahrer haftet beim Unfall allein

Ein Autofahrer, der unvorsichtig vom Straßenrand anfährt, haftet bei einem Unfall grundsätzlich allein. Das entschied das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) nach einem am 18. April 2011 veröffentlichten Urteil (Az. 4 U 370/10).

Nach dem Richterspruch haben Autofahrer, die sich in den fließenden Verkehr einordnen wollen, eine besonders hohe Sorgfaltspflicht. Das Gericht wies mit seinem Urteil die Schadenersatzklage eines Fahrzeughalters ab.

Die Ehefrau des Klägers hatte mit dem Wagen am rechten Fahrbahnrand geparkt. Ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten, fuhr sie los und kollidierte dabei mit einem anderen Auto. Von dessen Halter verlangte der Kläger zumindest eine Beteiligung am Schaden, weil er zu schnell gefahren sei.

Das OLG bewertete die Sache anders: Die Richter hielten der Ehefrau des Klägers einen besonders schwerwiegenden Verkehrsverstoß vor. Ein Autofahrer dürfe nur dann mit seinem Wagen anfahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei.

Führerschein für gültig gehalten – dennoch Strafe

Hält ein Autofahrer seinen ausländischen Führerschein irrtümlich für gültig, schützt ihn dies nicht vor einer Strafe, entschied das Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Urteil vom 23. Februar 2011 (Az. 2 Ss 222/10).

Ein Autofahrer könne in diesem Fall wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt werden, da er sich im Zweifelsfall erkundigen müsse, ob der Führerschein auch in Deutschland gilt. Das Gericht verwarf damit die Revision eines Autofahrers.

Der in Deutschland wohnende Verurteilte war mit einem tschechischen Führerschein unterwegs. Da der Führerschein ohne ausdrückliche behördliche Anerkennung in Deutschland nicht gilt, verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 800 Euro.

Das OLG bestätigte dies nun und erklärte, der in Deutschland lebende Mann habe genug Anlass gehabt, sich wegen seines Führerscheins zu erkundigen.

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