Atomjunkie geht auf Entzug

Japan will Energiepolitik ändern / Stippvisite in der Sperrzone

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Japan will seine Energiepolitik angesichts der Atomkrise in Fukushima ändern. Ein Plan zum Ausbau der Nuklearenergie wird storniert.

Tokio (dpa/AFP/ND). Der Plan, in Japan den Anteil der Atomenergie von bisher rund 30 Prozent auf 50 Prozent aufzustocken, wird aufgegeben. Das kündigte Ministerpräsident Naoto Kan am Dienstag vor der Presse an. Neben Atomstrom und den Ölimporten sollen künftig erneuerbare Energien die dritte Säule der Energiepolitik werden, sagte Kan. Die bisherige Planung hatte einen Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromversorgung des Landes von 20 Prozent vorgesehen. Diese Planung werde nun überarbeitet, kündigte der Regierungschef an.

Kan hatte zuvor den Betreiber Chubu Electric Power erfolgreich aufgefordert, das Atomkraftwerk Hamaoka in Zentraljapan vorsorglich abzuschalten, um einen weiteren Nuklearunfall bei einem neuen Erdbeben ähnlich dem vom 11. März zu vermeiden. Das Kraftwerk in der Region Shizuoka liegt in einer Erdbebenzone.

Der Premier verzichtet derweil angesichts der andauernden Krise in Fukushima auf seine Zulage als Regierungschef. Er werde diese solange nicht annehmen, bis die Lage in der Atomruine unter Kontrolle sei, erklärte Kan am Dienstag anlässlich des Beginns der Katastrophe vor zwei Monaten.

Unterdessen hat die Fukushima-Betreiberfirma Tepco Staatshilfen beantragt. Das Geld werde benötigt, um die Opfer des Atomunfalls entschädigen zu können und die Stromversorgung weiter zu gewährleisten, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Tepco-Präsident Masataka Shimizu habe bei Industrieminister Banri Kaieda ein offizielles Gesuch um Staatshilfen eingereicht, sagte ein Unternehmenssprecher. In dem Papier an die Regierung erklärte Tepco, sich in einer »extrem schwierigen Situation« hinsichtlich der Beschaffung von Finanzmitteln zu befinden, beispielsweise bei Bankkrediten. Mit den Staatshilfen würde die »gerechte und schnelle Entschädigung an die betroffenen Menschen« nicht gefährdet.

Rund hundert frühere Einwohner aus der Sperrzone um das beschädigte japanische Atomkraftwerk Fukushima sind am Dienstag kurzzeitig in ihre Häuser zurückgekehrt. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich so aufgeregt sein würde, in mein Haus zurückzugehen«, sagte ein Einwohner des Ortes Kawauchi dem Fernsehsender Asahi. In Schutzkleidung und mit Strahlenmessgeräten und Funkgeräten ausgestattet durften die Menschen für zwei Stunden in ihre Häuser gehen, um persönliche Dinge zu holen. Es war der erste organisierte Besuch in dem verstrahlten Gebiet, seit die Regierung nach dem schweren Erdbeben und Tsunami vom 11. März eine 20-Kilometer-Sperrzone um das stark beschädigte AKW einrichtete.

Die Bewohner, die ihre Häuser aufsuchen durften, hatten vor dem Besuch Übungen in den Notunterkünften absolviert, wie sie sich während des Aufenthalts in der Sperrzone zu verhalten haben. Verboten war beispielsweise, Haustiere oder Nahrungsmittel mitzunehmen. Zudem musste alles vermieden werden, womit die Schutzkleidung beschädigt werden könnte. Jeder Bewohner durfte eine kleine Plastiktüte mit persönlichen Dingen füllen. Nach dem Besuch in der Sperrzone sollten die Menschen wieder zurück in die Notunterkünfte gebracht werden.

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