nd-aktuell.de / 12.05.2011 / Kultur / Seite 10

Dort, wo man immer Autos klaut

»Polnische Ostern« von Jakob Ziemnicki

Caroline M. Buck

Die Kati steht jetzt in der Urne auf dem Kaminsims – nicht ganz legal, da hat der polnische »Schwiegersohn« leider völlig recht. Und überhaupt, wollte die Kasia nicht eigentlich seebestattet werden, statt illegal bei ihrem Vater neben Omas Urne auf dem Kamin zu stehen? Kati hieß sie, seine Kati, nicht Kasia. Sagt der Vater. Der zugleich auch Großvater ist, von Katis Tochter Mathilda, genannt Matti. Die soll nun, wo ihre deutsche Mutter tot ist, zu ihrem polnischen Vater an dessen Wohnort nach Polen umziehen, ins Zentrum der polnischen Marienverehrung, nach Czestochowa. Weg aus dem Haus mit Blick auf den Nord-Ostsee-Kanal, in dem sie mit dem Großvater lebte. Was der zwar erstmal nicht verhindern kann, aber aus vielerlei Gründen nun wirklich nicht zulassen mag. Seine Mathilda in Polen, diesem Land, das doch bekanntermaßen kollektiv vom Diebstahl lebt? Nie und nimmer.

Also nimmt der Bäckermeister Grabosch die Sache selbst in die Hand, macht sich auf zur polnischen Verwandtschaft seiner Enkeltochter und sucht mit der Videokamera nach Beweisen für deren Untauglichkeit, die auch das Jugendamt überzeugen müssten. Und die finden sich für einen westdeutschen Atheisten natürlich schnell und massenweise. Katholisch sind die zum Beispiel, die Polen, und das ist ja nun nachweislich Aberglaube, nichts als Aberglaube. Bis es sich erweist, dass dieser Aberglaube vielleicht doch so seine Reize hat. Zumindest solange er hilft, Mathilda den Verlust ihrer Mutter erträglicher zu machen. Da lässt sich der Bäckermeister dann schon mal die Zustimmung zu einer Nottaufe seiner Enkelin abringen. Und nicht nur das: damit Mathilda sich davon überzeugen lässt, muss auch der Großvater mitmachen. Henry Hübchen mit Schiffermütze, zerzaustem Grauhaar und ziemlicher Kodderschnauze, spielt Bäckermeister Grabosch als wohlmeinenden, vom Tod seiner Tochter mitgenommenen, aber auch rechten Knurrkopf, der für seine Enkelin tatsächlich nur das Beste will – und natürlich die Interpretationshoheit darüber für sich beansprucht, was denn nun für sie das Beste sei. Und das ist nun sicher nicht Mathildas Vater Tadeusz (Adrian Topol) mit seinen beruflichen und finanziellen Problemen. Gegen Grazyna Szapolowska, Mathildas jung gebliebene Großmutter auf polnischer Seite, hat Grabosch dagegen sichtlich gar nichts einzuwenden. Am Ende lernt er gar Polnisch. Und sein Auto – wird geklaut. Klar, ist ja Polen.