Streitgeist

Frank Ulrich Montgomery / Der bisherige Vize ist neuer Ärztepräsident

  • Lesedauer: 2 Min.

Er war womöglich der charismatischste unter den fünf Bewerbern für das Amt des Bundesärztekammerpräsidenten, aber seinen Erfolg verdankt der 1952 geborene und bundesweit bekannte Radiologe ganz sicher seinem streitbaren Geist und seinem vollkommen klaren Programm: Mehr Geld für alle Vertreter der weißen Zunft, eine neue Gebührenordnung für privatärztliche Leistungen, weniger Arbeitszeiten in den Kliniken und Hausarztpraxen, Stärkung der Selbstverwaltung, Reduzierung der Bürokratie, Verbot der Präimplantationsdiagnostik, keine Panik in Sachen EHEC. Montgomery ist sozusagen das Gegenteil der sprichwörtlichen Katze im Sack, er ist eher der Kater im Schaufenster.

Von 1989 bis 2007 machte er als Vorsitzender des Marburger Bundes, der sogenannten Ärztegewerkschaft, von sich reden. Montgomery – in seiner Ahnenreihe befindet sich tatsächlich der bekannte Feldmarschall gleichen Namens – stritt sich mit Bundesministern, Parteifunktionären und Gesundheitsexperten über Arbeitszeiten und Bezahlung der Kollegen, initiierte Streiks, provozierte in Talkshows und erreichte Honorarsteigerungen. Allerdings vornehmlich für Klinikärzte, das gleichfalls wichtige Pflegepersonal interessierte ihn weniger. Kritiker haben ihm das ebenso vorgeworfen wie sein mangelndes Engagement für die niedergelassenen Ärzte oder die Kollegen im Osten.

Als Ärztekammerpräsident wird er sich um alle kümmern müssen und hat dies auch schon angekündigt. Der Arztberuf müsse attraktiver werden, sagte er dieser Tage. Dafür brauchte es Geld und Anreize. Krankenkassen und Experten aus der Sozialdemokratie, der Montgomery selbst angehört, sind da anderer Meinung. Sie werden nicht müde, die gestiegenen Arztzahlen und die nach Meinung vieler Menschen auskömmlichen Einkünfte in weiten Teilen der weißen Zunft herzubeten. Streit ist folglich programmiert.

Bei der Realisierung seiner Pläne setzt der Oberarzt im Universitätsklinikum Eppendorf auf Kollegialität. Er wolle zusammenführen, beteiligen, gestalten. Für Bundesregierung, Krankenkassen und andere mögliche Gegner im Geiste gilt jedoch: Wenn Verhandlungen nicht weiter führen, steht Eskalation auf der Tagesordnung.

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