nd-aktuell.de / 21.06.2011 / Politik / Seite 7

Libyen: Mit Raketen auf die Residenz

NATO bestreitet Angriff

Tripolis (AFP/ND). Innerhalb weniger Stunden hat Libyens Führung der NATO zum zweiten Mal die Tötung von Zivilisten bei einem Luftangriff vorgeworfen. Bei einem Angriff auf ein Wohnhaus eines Kampfgefährten von Staatschef Muammar el-Gaddafi in Sorman westlich von Tripolis seien am Montag 15 Menschen getötet worden, darunter drei Kinder, sagte ein Regierungssprecher am Montag.

Nach Angaben des libyschen Regierungssprechers Mussa Ibrahim griff die NATO gegen 4.00 Uhr mit acht Raketen die Residenz von Chuildi Hemidi an, Mitglied des Kommandorats der Revolution von 1969. Ibrahim sprach von einer »terroristischen und feigen Tat«, die »nicht zu rechtfertigen« sei. Hemidi selbst ist nach libyschen Angaben nicht zu Schaden gekommen. Ein Korrespondent von AFP berichtete vom Ort des Geschehens über mehrere zerstörte Gebäude.

NATO-Kreise wiesen die Anschuldigung scharf zurück. »Wir haben dort überhaupt nicht operiert«, sagte ein Vertreter des Bündnisses in Brüssel, der nicht namentlich genannt werden wollte, AFP. Der einzige Angriff in der Nacht zum Montag sei über Tripolis geflogen worden, allerdings nicht um 4.00 Uhr. Er habe eine Abschussrampe für Boden-Luft-Raketen zum Ziel gehabt.

Die NATO hatte am Sonntag eingestehen müssen, dass bei einem ihrer Luftangriffe am Vortag in Tripolis Zivilisten getötet worden waren. Bei einem Luftangriff am Samstag habe ein Geschoss »nicht das geplante Ziel getroffen«, erklärte die NATO am Sonntagabend in Brüssel. Ein Fehler im Waffensystem könne zum Tod mehrerer Zivilisten geführt haben. »Die NATO bedauert den Verlust unschuldiger Menschenleben«, teilte der Oberbefehlshaber des Libyen-Einsatzes, General Charles Bouchard, mit. Die NATO fliegt seit Mitte März Bombenangriffe.

Bei dem Bombardement waren nach libyschen Angaben neun Zivilisten ums Leben kamen, darunter zwei Kinder. Die NATO hatte ihren Einsatz vor den Vereinten Nationen ausdrücklich mit dem Schutz von Zivilisten begründet. Das Bündnis betonte in seiner Erklärung vom Sonntag, es habe bereits 1500 Einsätze in Libyen geflogen, die allesamt genauestens geplant seien, »um zivile Opfer zu vermeiden«. Die Untersuchungen zu dem Vorfall in Tripolis liefen noch. Der Angriff galt der NATO zufolge einem Raketenlager. Die libysche Regierung sprach dagegen von einem Angriff auf ein Wohngebiet in Tripolis.