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Opa Jonny war ein Seemann

  • Britta Warda
  • Lesedauer: 2 Min.

Ich bin 1965 geboren. Vor dreißig Jahren erzählte mir meine 1937 in Hamburg geborene Mutter gerne Geschichten aus ihrer Kindheit. Sie sprach über schreckliche Erlebnisse in den Kriegsjahren und hatte jede Menge Anekdoten über unsere Familie parat. Auf langen Spaziergängen zeigte sie mir die elterlichen Geburtshäuser, die den Krieg unbeschadet überstanden haben. Damals hörte ich aufmerksam zu, doch kam es mir nicht in den Sinn, die Fakten schriftlich festzuhalten. Ich war ein Kind.

Die Zeit hat einen Großteil der Erinnerungen weggewischt. Meine Eltern leben nicht mehr. Auch sonst gibt es niemanden mehr, den ich befragen könnte. Geblieben sind ein paar Fotos, ein vergilbtes Notizbuch meines Großvaters.

Dank der digitalisierten Hamburger Adressbücher ist es mir gelungen, Vergessenes wieder auszugraben. Per Computer ist es mir auf Anhieb gelungen, die alten Adressen aufzuspüren. Kein Problem war, dass Großmutter mit dem Allerweltsnamen »Schmidt« geboren wurde. Da ich den Vornamen meines Urgroßvaters »Carl« noch wusste, fand ich heraus, dass er in der Norderstraße 23 in Blankenese wohnte, eine Gärtnerei betrieb und 1929 unter der Telefonnummer 1291 zu erreichen war. Die Fakten decken sich mit fast unleserlichen Kritzeleien im alten Notizbuch meiner Oma. Die Norderstraße heißt heute Oesterleystraße. Das Haus Nr. 23 steht noch und liegt zufällig nur einen Steinwurf von meiner heutigen Wohnung entfernt.

Auch das Elternhaus meines Großvaters Johann Lenz habe ich gefunden. Er ist unter seinem Spitznahmen »Jonny« als Seemann im Verzeichnis verewigt. Ich erinnere mich noch, wie man seine Trinkfestigkeit lobte und auch erzählte, er sei Kapitän gewesen. Entweder wurde da ein wenig geflunkert oder er ist nach 1926 beruflich aufgestiegen. Dieses Rätsel wird sich mittels der Fortsetzungsbände der Adressbücher lüften lassen, deren Veröffentlichung ich gespannt erwarte.

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