nd-aktuell.de / 27.06.2011 / Politik / Seite 8

Aufklärung nach über 20 Jahren

Italien: Prozess soll Cosa-Nostra-Mord an Journalisten nachweisen

Katja Herzberg
Der italienische Journalist Mauro Rostagno wurde 1988 wegen seiner Berichte über Mafia-Machenschaften ermordet. Seit Februar müssen sich der mutmaßliche Killer und der Auftraggeber vor Gericht verantworten.

Fast 23 Jahre sind vergangen. Nun wird der Mord an Mauro Rostagno vor Gericht verhandelt. Es dauerte lange – wie so oft, wenn die italienische Mafia missliebige Personen, die zu viel wissen, tötet. Auch der gebürtige Turiner Mauro Rostagno war so jemand. Den Soziologen und Mitbegründer der außerparlamentarischen Gruppe Lotta Continua zog es in den 1970er Jahren nach Sizilien. In der Provinz Trapani gründete er ein Therapiezentrum für Drogenabhängige und brachte als Journalist für einen lokalen Fernsehsender die Machenschaften der Cosa Nostra an die Öffentlichkeit. Am 26. September 1988 musste Rostagno sein Engagement mit dem Leben bezahlen. Seine Familie und Freunde sind sicher, dass die Mafia ihn in seinem Auto erschießen ließ.

Rostagno wurde mit seinen Beiträgen zur Verstrickung von Mafia und Politik über Sizilien hinaus bekannt. Er scheute sich nicht, Namen von Mitgliedern der Freimaurerloge »Iside 2« zu nennen und wies der Kommune Trapani gefälschte Bilanzen nach. Dennoch gelang es der sizilianischen Politik mehr als 20 Jahre, die Aufklärung der Ermordung des damals 46-Jährigen zu verhindern. Erst im Mai 2009 wurde der örtliche Mafia-Boss Vincenzo Virga festgenommen. Zusammen mit Vito Mazzara steht er seit Anfang Februar in Trapani unter Mordanklage vor Gericht.

Kurz vor seinem Tod hatte Rostagno wegen eines Waffenlagers auf Sizilien zudem Kontakt mit Untersuchungsrichter Giovanni Falcone aufgenommen. Der Fall Rostagno wird in dem nach dem ebenfalls von der sizilianischen Mafia umgebrachten Richter benannten Gerichtssaal abgehalten.

Viele Dokumente Rostagnos tauchten in den letzten Monaten wieder auf. Darunter sind Filmaufnahmen von dem zerschossenen Fiat, in dem Rostagno starb. Auch seine Fernsehsendungen bei Radio Tele Cine (RTC) werden von der Staatsanwaltschaft als Beweise herangezogen. Einen wichtigen Beitrag dafür leistete der Dokumentarfilm des aus Palermo stammenden Regisseurs Alberto Castiglione aus dem Jahr 2005. Bei einer Vorführung von »Una voce nel vento« (Eine Stimme im Wind) betonte Castiglione jetzt in Berlin, dass Rostagno sehr bekannt war. »Er brauchte meine Dokumentation nicht. Er hat die Geschichte Italiens von 1968 bis zu seinem Ende mitgeprägt.« Einige Bilder hätten die Staatsanwälte dennoch nicht gekannt.

Der Prozess wird am 29. Juni fortgesetzt. Das Ende ist nach fünf Monaten noch nicht absehbar. Doch die Hoffnung auf eine Verurteilung besteht. Dennoch ist Rostagnos Schwester Carla skeptisch. »Bis jetzt ist die Wahrheit nur teilweise ans Licht gekommen«, sagte sie ebenfalls in Berlin. Denn fünf weitere Männer sollen an der Erschießung Rostagnos beteiligt gewesen sein, die noch immer nicht belangt werden.