nd-aktuell.de / 29.06.2011 / Sport / Seite 19

Die Green-Keeperin

England hadert nach dem Remis gegen Mexiko mit der Torfrau

Michael Rossmann, dpa

Reichlich mürrisch schaute Hope Powell, besonders bei den vielen Fragen nach ihrer Torfrau. Ob das denn ein typisch englisches Problem sei mit den Keepern? Nein, nein, sagte die Trainerin zum Fehlgriff ihrer Torhüterin Karen Bardsley und bemühte sich um ein schnelles Ende der Diskussion: »Das ist ein weltweites Problem.« Vergeblich, denn die Parallelen sind zu offensichtlich.

Englands Fußball hat auch bei der Frauen-Weltmeisterschaft einen kleinen Torwart-Tölpel. Bardsley pflegte beim 1:1 (1:1) gegen Mexiko eine merkwürdige Form von Torhüter-Tradition: Sie reagierte beim Fernschuss von Monica Ocampo (33.) viel zu spät und griff daneben.

Dieser Fehler erinnerte viele Fans sofort an Robert Greens peinliche Panne bei der WM der Männer vor einem Jahr: Bei einem harmlosen Schüsschen von Clint Dempsey flutschte Englands Keeper der Ball im Spiel gegen die USA durch die Finger. Das Spiel endete übrigens auch 1:1.

Zugegeben, ganz so krass wie bei Green war es bei Bardsley nicht. Aber schlimm genug, dass auch ihre Trainerin zugeben musste: »Wir hatten erwartet, dass sie den hält.« Stattdessen ermöglichte Bardsleys Fehlgriff den Mexikanerinnen den Ausgleichs nach Englands Führung durch Fara Williams (21.).

Das Missgeschick passte zu einer ganzen Serie unglaublicher Torwartfehler des englischen Fußballs – von David Seaman über Paul »Mrs.« Robinson bis hin zu David »Calamity« James und eben jenem Robert Green, der als »Green-Keeper« verspottet wurde.

»Sie haben einfach einen Torwartfehler dazugegeben, um zu zeigen, dass Robert Green und David Seaman kein Monopol auf Patzer auf der größten Fußballbühne haben«, witzelte der »Telegraph«. »Typisch, einfach typisch«, schrieb die Zeitung über den verpatzten WM-Auftakt. Und die »Sun« lästerte, dass Englands Frauen »bewiesen haben, dass sie alles tun können, was Männer tun können«.

Die englische Keeperin selbst wollte gar nichts sagen und verließ Wolfsburg wortlos. »Sie war bitterlich enttäuscht«, berichtete Hope Powell. Ihre Kollegin Eniola Aluko nahm die Torhüterin immerhin in Schutz, sprach von einem »Wunder-Tor« und erklärte, dass der Ball »ziemlich stark flattert«.

»Green-Keeper«? Englands Trainerin tat so, als kenne sie das Wortspiel nicht. Vielmehr konterte Powell: »Männer interessieren mich nicht – hier geht es um Frauen.« So ganz scheint das freilich nicht zu stimmen. Immerhin sagte sie auf die Frage, ob es sich um einen für Frauenfußball typischen Fehler handele: »Das ist ein Fehler, den man oft auch im Männerfußball sieht.« Richtig – ganz besonders im englischen Männerfußball.

Mexiko: Santiago - Vinti, Garciamendez, Sandoval, Saucedo - Garza (85. Noyola), Worbis, Rangel - Mayor, Domínguez (76. Lopez), Ocampo.

England: Bardsley - Alex Scott, Stoney, Faye White (83. Bradley), Unitt - Jill Scott, Williams - Carney (72. Ellen White), Smith, Yankey - Aluko.

Tore: 0:1 Williams (21.), 1:1 Ocampo (33.).

Schiedsrichterin: Reyes (Peru). Zuschauer: 18 702.