nd-aktuell.de / 09.07.2011 / / Seite 23

Blitzgesetz

KALENDERBLATT

Hans Canjé
CDU-Plakat von 1953
CDU-Plakat von 1953

Hält man sich an ein Wort des CDU-Bundestagsabgeordneten Horst Hassler, dann war der damals noch in Bonn ansässige Bundestag am 9. und 11. Juli 1951 eine Art Waffenschmiede. Mit dem vor 60 Jahren in zweiter und dritter Lesung über die Parlamentsbühne gejagten »1. Strafrechtsänderungsgesetz« (Blitzgesetz) sei, so sagte er am 8. Februar 1957 im Parlament, eine Waffe geschmiedet wurden, »um im Kalten Krieg zu bestehen«.

Alexander von Brünneck, Professor für öffentliches Recht, beschrieb diese »fast wörtlich aus der Strafrechtsnovelle von 1934 abgeschriebenen Landesverratsdelikte« als »politisches Strafrecht«, das »eindeutig und ausschließlich gegen die Kommunisten gerichtet war«. Als »Kommunist« galt in dieser Zeit jeder, der gegen die Wiederaufrüstung oder für korrekte Beziehungen zur DDR war; auch das Tragen einer roten Nelke konnte schon den Staat in Gefahr bringen. Für die KPD hatte deren Abgeordneter Walter Fisch vor der Zustimmung zu diesem Gesinnungsstrafrecht gewarnt: Durch dieses Gesetz werde »mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft, wer eine andere Gesinnung, eine andere politische Ideologie, eine andere politische Zielsetzung sein eigen nennt als die, die im westdeutschen Staatsgebilde als amtlich, als erwünscht angesehen wird«.

Dem Gesetz stimmten, außer der KPD, alle großen im Bundestag vertretenen Parteien, auch die SPD, zu. Bald schon waren in jedem Oberlandesgerichtsbezirk und beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe politische Sonderstrafkammern eingerichtet, durch die 1951 bis 1958 über 200 000 Ermittlungen eingeleitet und rund 10 000 Bundesbürger zu Haftstrafen verurteilt wurden. Reaktivierte NS-Richter saßen wieder über Kommunisten zu Gericht, von denen nicht wenige in NS-Haft gewesen waren. Die 1951 eingeleitete Kommunistenverfolgung endete erst 1968 mit dem durch die Verfolgten und demokratische Juristen erzwungenen 8. Strafrechtsänderungsgesetz. Eine Rehabilitierung der Betroffenen steht bis heute aus.